А-П

П-Я

А  Б  В  Г  Д  Е  Ж  З  И  Й  К  Л  М  Н  О  П  Р  С  Т  У  Ф  Х  Ц  Ч  Ш  Щ  Э  Ю  Я  A-Z

 

(2149)

Noch vor dem Abend schuf der Kцnig hehr
Und Kriemhild die Kцnigin, dass es der Helden mehr
Von Heunland noch versuchten; man sah vor ihnen stehn
Wohl noch zwanzigtausend: Die mussten nun zum Streite gehn. (2150)

Da hob ein hartes Stьrmen auf zu den Gдsten an.
Dankwart, Hagens Bruder, dieser schnelle Mann,
Sprang von seinen Herren zu den Feinden vor die Tьr:
Man wдhnt', er sei erstorben, doch kam er heil noch hinfьr. (2151)

Das harte Streiten wдhrte bis es die Nacht benahm.
Da wehrten sich die Gдste wie Helden lobesam
Wider Etzels Recken den sommerlangen Tag:
Hei! Wie da vor ihnen manch guter Degen erlag! (2152)

Zu einer Sonnenwende geschah der groЯe Mord:
Ihres Herzens Jammer rдchte Kriemhild dort
An ihren nдchsten Freunden und noch an manchem Mann,
Wodurch der Kцnig Etzel nie wieder Freude gewann. (2153)

* Sie hatte nicht gesonnnen auf solche Mцrderschlacht:
Als sie den Streit begonnen hatte sie gedacht,
Hagen sollt alleine dabei sein Ende sehn;
Da schuf der bцse Teufel, ьber alle musst es ergehn. (2154)

Der Tag war zerronnen; ihnen schuf die Sorge Not.
Sie gedachten, wie doch besser wдr ein kurzer Tod
Als sich so lang zu quдlen in ungefьgem Leid:
Da wьnschten einen Frieden die stolzen Ritter allbereit. (2155)

Sie hatten, dass der Kцnig zu ihnen wьrd gebracht.
Die Helden, rot von Blute, schwarz von der Eisentracht,
Traten aus dem Hause und die drei Kцnge hehr.
Sie wussten nicht, wem klagen ihres groЯen Leids Beschwer. (2156)

Etzel und Kriemhilde, die kamen beide hek;
Das Land war ihnen eigen, drum mehrte sich ihr Heer.
Er sprach zu den Gдsten: “Sprecht, was begehrt ihr mein?
Wollt ihr Frieden haben? Das kцnnte nun schwerlich sein (2157)

Nach so groЯem Schaden als ihr mir habt getan.
Ihr sollt es nicht genieЯen so lang ich atmen kann:
Mein Kind, das ihr erschluget und viel der Freunde mein;
Frieden und Sьhne soll euch dafьr geweigert sein.” (2158)

Antwort gab ihm Gunther: “Uns zwang die groЯe Not;
All mein Gesinde lag von dem deinen tot
An der Herberge: Verdient ich solchen Sold?
Ich kam zu dir auf Treue und wдhnte, du wдrst mir hold.” (2159)

Da sprach von Burgonden Geiselher das Kind:
“Ihr Helden Kцnig Etzels, die noch am Leben sind,
Wes zeiht ihr mich, ihr Recken? Was hat ich euch getan,
Der ich die Fahrt so gьtlich zu diesem Lande begann?” (2160)

Sie sprachen: “Deiner Gьte ist all die Veste voll
Mit Jammer, gleich dem Lande; wir gцnnten dir es wohl,
Wдrst du nie gekommen von Wormes ьberrhein:
Durch dich ist ganz verwaiset das Land und durch die Brьder dein.” (2161)

Da sprach zu dem Kцnige Gernot der Degen gut:
“So soll euch Gott gebieten, dass ihr die Lieb uns tut:
Erschlagt uns Heimatlose, und lasst uns zu euch gehn
Hinunter ins Freie, gewiss, das wьrd euch lцblich stehn. (2162)

“Was uns geschehn kцnne, das lasst bald ergehn:
Ihr habt so viel Gesunde, die dьrfen uns bestehn
Und geben uns vom Streite Mьden leicht den Tod:
Wie lange sollen wir Recken bleiben in so grimmer Not?” (2163)

Von Kцnig Etzels Recken wдr es fast geschehn,
Dass sie die Helden lieЯen vor den Pallas gehn.
Als das Kriemhild hцrte, es war ihr grimmig leid;
Da war den Heimatlosen mit Nichten Friede bereit. (2164)

“Nicht doch, ziere Recken, worauf euch sinnt der Mut,
Ich will euch treulich raten, dass ihr das nimmer tut,
Dass ihr die Mordgiergen lasst vor den Saal;
Sonst mьssen eure Freunde vor ihnen sterben zumal. (2165)

Und lebten nur alleine die Utens Sцhne sind,
Und kдmen meine edeln Brьder an den Wind,
Dass sie die Panzer kьhlten, ihr alle wдrt verloren:
Es wurden kьhnre Degen noch nie auf Erden geboren.” (2166)

Da sprach der junge Geiselher: “Viel schцne Schwester mein,
Wie mocht ich mich versehn, dass du mich ьberrhein
Hieher geladen hдttest zu so groЯer Not?
Wodurch wohl verdient' ich hier bei den Heunen den Tod? (2167)

Getreu war ich dir immer, tat Leid dir nimmermehr:
Ich ritt auch in dem Wahne zu diesem Hofe her,
Du wдrest mir gewogen, viel liebe Schwester mein.
Nun schenk uns deine Gnade: Es kann doch anders nicht sein.” (2168)

“Ich schenk euch keine Gnade, Ungnad ich selbst gewann:
Mir hat von Tronje Hagen so groЯes Leid getan
Daheim, und hier zu lande erschlug er mir mein Kind:
Sie sollens all entgelten, die mit euch hergekommen sind. (2169)

Wollt ihr mir aber Hagen allein zum Geisel geben,
So will ichs nicht versagen, dass ich euch lasse leben,
Denn eure Schwester bin ich, der gleichen Mutter Kind:
So red ich um die Sьhne mit den Helden, die hier sind.” (2170)

“Verhьt es Gott vom Himmel,” sprach da Gernot,
“Und wдren unser tausend, wir wollten alle tot
Vor deinen Freunden liegen eh wir den einen Mann
Dir als Geisel gдben: Das wird nimmer getan.” (2171)

“Wir mьssen doch ersterben,” sprach da Geiselher,
“So soll uns niemand scheiden von ritterlicher Wehr.
Wer gerne mit uns fцchte, wir sind noch immer hie:
Verriet ich meine Treue an einem Freunde doch nie.” (2172)

Da sprach der kьhne Dankwart: “Wie ziemte Schweigen mir?
Es steht mein Bruder Hagen noch nicht alleine hier.
Die uns Frieden weigern, mцgens noch beklagen:
Ihr sollt es inne werden: Das will ich wahrlich euch sagen.” (2173)

Da sprach die Kцnigstochter: “Ihr Helden allbereit,
Nun geht der Stiege nдher und rдchet unser Leid,
Das will ich euch vergelten wie ich billig soll:
Den Ьbermut Hagens, den benehm ich ihm wohl. (2174)

“Lдsst keinen aus dem Hause der Degen allzumal.
So lass ich an vier Enden zьnden an den Saal:
So wird noch wohl gerochen all mein Herzeleid.”
Kцnig Etzels Recken sah man bald dazu bereit. (2175)

Dir noch drauЯen standen trieb man in den Saal
Mit Schlдgen und mit Schьssen; da gab es lauten Schall
Doch wollten sich nicht scheiden die Fьrsten und ihr Heer:
Sie lieЯen von der Treue zueinander nun nicht mehr. (2176)

Den Saal in Brand zu stecken gebot da Etzels Weib.
Da quдlte man den Helden mit Feuersglut den Leib.
Das Haus vom Wind ergriffen geriet in hohen Brand:
Solcher Schrecken wurde wohl niemals Helden bekannt. (2177)

Darinnen riefen viele: “O weh dieser Not!
Da mцchten wir ja lieber im Sturme liegen tot.
Das mцge Gott erbarmen; wie verlieren wir den Leib!
Wie grimmig rдcht ihr Zьrnen an uns des Kцniges Weib!” (2178)

Da sprach darinnen einer: “Wir finden hier den Tod.
Was hat der GruЯ geholfen, den uns der Kцnig bot?
Mir tut vor starker Hitze der Durst so grimmig weh,
Ich fьrchte, mein Leben in diesen Nцten zergeh!” (2179)

Da begann von Tronje Hagen, der Ritter gut:
“Wen der Durst bezwingen will, der trinke hier das Blut,
Das ist in solcher Hitze besser noch als Wein;
Zu essen und zu trinken kann hier nichts anderes sein.” (2180)

Hinging der Recken einer, wo er einen Toten fand,
Er kniet' ihm zu der Wunde, den Helm er nieder band;
Da hub er an zu trinken das flieЯende Blut:
So wenig ers gewohnt war, er fand es kцstlich und gut. (2181)

“Nun lohn euch Gott, Herr Hagen,” sprach der mьde Mann,
“Dass ich durch eure Lehre so guten Trunk gewann:
Man schenkte mir noch selten einen bessern Wein.
Leb ich noch eine Weile, ich will euch stets gewogen sein.” (2182)

Als das die andern hцrten, es dьnkte ihn so gut,
Da kamen ihrer viele und tranken auch das Blut.
Davon gewann viel Krдfte der guten Helden Leib:
Das entgalt an lieben Freunden bald manches waidliche Weib. (2183)

Das Feuer fiel gewaltig auf sie in den Saal:
Sie wandten mit den Schilden es von sich ab im Fall.
Der Rauch und auch die Hitze schmerzten sie gar sehr:
Also groЯer Jammer geschieht wohl Helden nimmer mehr. (2184)

Da sprach von Tronje Hagen: “Stellt euch an die Wand;
Lasst nicht die Brдnde fallen auf eurer Helme Band,
Und tretet mit den FьЯen sie tiefer in das Blut:
Eine ьble Hochzeit ist es, zu der die Kцnigin uns lud.” (2185)

Unter solchen Nцten zerronnen war die Nacht:
Noch hielt vor dem Hause der kьhne Spielmann Wacht
Und Hagen sein Geselle, gelehnt auf Schildesrand,
Noch grцЯern Leids gewдrtig vor denen aus Etzels Land. (2186)

* Dass der Saal gewцlbt war, half den Gдsten sehr.
Dadurch bleiben ihrer am Leben desto mehr;
Nur dass sie an den Fenstern vom Feuer litten Not.
Da wehrten sich die Degen wie Mut und Ehre gebot. (2187)

Da sprach der Fiedelspieler: “Nun lasst uns in den Saal,
So wдhnen wohl die Heunen, wir seien allzumal
Von der Qual erstorben, die sie uns angetan:
Dann kommen doch noch manche zum Streit mit ihnen heran.” (2188)

Da sprach von Burgonden Geiselher das Kind:
“Mich dьnkt, es wolle tagen, sich hebt ein kьhler Wind.
Nun lass uns Gott vom Himmel noch liebre Zeit erleben!
Eine arge Hochzeit hat uns meine Schwester Kriemhild gegeben.” (2189)

Da sprach wieder einer: “Ich fьhle schon den Tag.
Wenn es denn uns Degen nicht besser werden mag,
So waffnet euch, ihr Recken, und wahret euern Leib:
Wohl naht uns ehstens wieder hier des Kцnig Etzel Weib.” (2190)

Der Wirt mochte wдhnen, die Gдste wдren tot
Von ihren Drangsalen und von des Feuers Not:
Da lebten drin so kьhner noch sechshundert Mann,
Dass wohl nie ein Kцnig bessre Degen gewann. (2191)

Der Heimatlosen Hьter hatten wohl gesehn,
Dass noch die Gдste lebten, was ihnen auch geschehn
Zu Schaden war und Leibe, den Herrn und ihrem Lehn:
Man sah sie wohl geborgen im Saale auf und nieder gehn. (2192)

Man sagte Kriemhilden, noch viele lebten drin.
“Wie wдre das mцglich,” sprach die Kцnigin,
“Dass noch einer lebte nach solcher Feuersnot?
Lieber will ich glauben, sie starben alle den Tod.” (2193)

Noch wьnschten zu entkommen die Fьrsten und ihr Lehn,
Wenn noch jemand Gnade an ihnen lieЯ ergehn.
Die konnten sie nicht finden in der Heunen Land:
Da rдchten sie ihr Sterben mit gar williger Hand. (2194)

Noch frьh am selben Morgen man ihnen GrьЯe bot
Mit lautem Kriegsrufe: Wohl schuf das Helden Not.
Zu ihnen aufgeschossen ward mancher starke Speer:
Wie ritterlich sich wehrten diese Recken kьhn und hehr! (2195)

Dem Heergesinde Etzels war erregt der Mut,
Dass sie verdienen wollten Frau Kriemhildens Gut
Und alles willig leisten was der Fьrst gebot:
Da musste mancher balde von ihnen schauen den Tod. (2196)

Man mochte von VerheiЯen und Gaben Wunder sagen.
Sie lieЯ ihr Gold, das rote, auf Schilden vor sie tragen:
Sie gab es jedem willig, der es wollt empfahn.
Nie wurden wider Feinde so groЯe Schдtze vertan. (2197)

Da traten in den Waffen viel Recken vor die Tьr.
Da sprach der kьhne Volker: “Wir sind noch immer hier:
So gerne sah ich Helden zum Streite nimmer kommen
Als die das Gold des Kцnigs und zu verderben genommen.” (2198)

Was soll ich weiter sagen? Wohl zwцlfhundert Degen
Versuchtens hin und wieder mit starken Schwertesschlдgen.
Da kьhlten mit den Wunden die Gдste wohl den Mut.
Kein Friede war zu hoffen, drum sah man flieЯen das Blut (2199)

Aus tiefen Todeswunden, deren wurden viel geschlagen.
Nach seinen Freunden hцrte man jeglichen klagen;
Die Kьhnen starben alle dem reichen Kцnig hehr:
Da hatten liebe Freunde nach ihnen Leid und Beschwer. (2200)



37. Abenteuer
Wie Rьdiger erschlagen ward


Die Heimatlosen hatten am Morgen viel getan.
Der Gemahl Gotlindens kam zu Hof heran
Und sah auf beiden Seiten des groЯen Leids Beschwer:
Darьber weinte inniglich der vielgetreue Rьdiger. (2201)

“O weh, dass ich das Leben,” sprach der Held, “gewann,
Und diesem groЯen Jammer nun niemand wehren kann.
So gern ich Frieden schьfe, der Kцnig gehts nicht ein,
Da ihm das Unheil stдrker, immer stдrker bricht herein.” (2202)

Zu Dietrichen sandte der gute Rьdiger,
Ob sie's noch kцnnten wenden bei dem Kцnig hehr?
Da entbot ihm der von Berne: “Wer mцchte widerstehn?
Es will der Kцnig Etzel keine Sьhne mehr sehn.” (2203)

Da sah ein Heunenrecke Rьdigern da stehn
Mit weinenden Augen, wie er ihn oft gesehn.
Er sprach zu der Kцnigin: “Nun seht doch, wie er steht,
Den der Kцnig Etzel vor allen andern hat erhцht, (2204)

“Und dem doch alles dienet, die Leute wie das Land.
Wie sind so viel der Burgen an Rьdiger gewandt,
Deren er so manche von dem Kцnig haben mag!
Er schlug in diesem Sturme noch keinen lцblichen Schlag. (2205)

“Mich dьnkt, ihn kьmmert wenig was uns hier geschieht,
Wenn er nach seinem Willen bei sich die Fьlle sieht.
Man rьhmt, er wдre kьhner als jemand mцge sein:
Das hat uns schlecht bewiesen in dieser Not der Augenschein.” (2206)

Mit traurigem Mute der vielgetreue Mann,
Als er die Rede hцrte, sah er den Heunen an.
Er dachte: “Des entgiltst du; du sagst ich sei verzagt:
Da hast du deine Mдre zu laut bei Hofe gesagt.” (2207)

Er zwang die Faust zusammen, da lief er ihn an,
Und schlug mit solchen Krдften den heunischen Mann,
Dass er ihm vor die FьЯe niederstьrzte tot.
Da war nur gemehrt noch dem Kцnig Etzel die Not. (2208)

“Fahr hin, verzagter Bцsewicht,” sprach da Rьdiger,
“Ich hatte doch des Leides genug und der Beschwer:
Dass ich hier nicht fechte, was rьgst du mir das?
Wohl trьg auch in den Gдsten mit Grunde feindlichen Hass, (2209)

“Und alles was ich kцnnte tдt ich ihnen an,
Hдtt ich nicht hieher gefьhrt die in Gunthers Bann;
Doch war ich ihr Geleite in meines Herren Land:
Drum darf sie nicht bestreiten meine unselge Hand.” (2210)

Da sprach zum Markgrafen Etzel der Kцnig hehr:
“Wie habt ihr uns geholfen, viel edler Rьdiger!
Wir hatten doch der Toten so viel in diesem Land,
Dass wir nicht mehr bedurften: Mit Unrecht schlug ihn eure Hand.” (2211)

Da sprach der edle Ritter: “Er beschwerte mir den Mut,
Und hat mir bescholten die Ehre wie das Gut,
Des ich aus deinen Hдnden so groЯe Gaben nahm,
Was nun dem Lьgenbolde gar ьbel zustatten kam.” (2212)

Du kam die Kцnigstochter, die hat es auch gesehn
Was von des Helden Zorne dem Heunen war geschehn:
Sie beklagt' es schmerzlich, ihre Augen wurden nass.
Sie sprach zu Rьdigeren: “Womit verdienten wir das, (2213)

Dass ihr mir und dem Kцnig noch mehrt unser Leid?
Ihr habt uns, edler Rьdiger, gelobt allezeit
Ihr wolltet fьr uns wagen die Ehre wie das Leben;
Auch hцrt ich viel der Recken den Preis des Mutes euch geben. (2214)

Ich mahn euch nun der Treue, die mir schwur eure Hand
Als ihr fьr Etzeln warbet, Ritter auserkannt:
Dass ihr mir dienen wolltet, bis an unsern Tod;
Des war mir armen Weibe noch nie so bitterlich Not.” (2215)

“Das ist ungelogen, ich schwur euch, edel Weib,
Ich wolle fьr euch wagen die Ehre wie den Leib;
Die Seele zu verlieren hab ich nicht geschworen.
Zu diesem Hofgelage bracht ich die Fьrsten wohlgeboren.” (2216)

Sie sprach: “Gedenke, Rьdiger, der hohen Eide dein
Von deiner steten Treue, wie du den Schaden mein
Immer wolltest rдchen und wenden all mein Leid.”
Da sprach der Markgraf: “Ich war euch immer dienstbereit.” (2217)

Etzel der Reiche hub auch zu flehen an.
Sie boten sich zu FьЯen beide vor den Mann,
Dass man den guten Markgraf in groЯem Unmut sah;
Der vielgetreue Recke, jammervoll begann er da: (2218)

“O weh mir Gottesarmen, dass ich erlebt den Tag!
Wo aller meiner Ehren ich mich begeben mag,
Aller Zucht und Treue, die Gott mir angebot;
O weh Gott vom Himmel, dass mirs nicht wenden will der Tod! (2219)

Welches ich nun lasse das andre zu begehn,
So ist doch immer bцslich und arg von mir geschehn:
Und wenn ich beides lasse, so schilt mich alle Welt.
Nun mцge mich erleuchten der mich dem Leben gesellt!” (2220)

Da baten ihn so lange der Kцnig und sein Weib,
Dass bald viel Degen mussten verlieren den Leib
Unter Rьdgers Hдnden und selbst der Held erstarb.
Nun mцgt ihr bald vernehmen, welchen Jammer er erwarb. (2221)

Er wusste, dass nur Schaden und Unheil sein Gewinn.
Er hдtt es auch dem Kцnig und der Kцnigin
Gern versagen mцgen: Der Held besorgte sehr,
Schlьg er ihr einen, dass er der Welt ein Grдuel wдr. (2222)

Da sprach zu dem Kцnige der hochbeherzte Mann:
“Herr Kцnig, nehmet wieder was ich von euch gewann,
Das Land mit den Burgen; bei mir soll nichts bestehn:
Ich will auf meinen FьЯen hinaus in das Elend gehn. (2223)

* “Ledig alles gutes rдum ich euer Land,
Mein Weib und meine Tochter nehm ich an die Hand,
Eh ich so ohne Treue entgegen ging' dem Tod:
Das hieЯ auf ьble Weise verdienen euer Gold so rot.” (2224)

Da sprach der Kцnig Etzel: “Wer aber helfe mir?
Mein Land samt den Leuten, das alles geb ich dir,
Dass du mich rдchest, Rьdiger, an den Feinden mein:
Du sollst an meiner Seiten ein gewaltger Kцnig sein.” (2225)

Da sprach wieder Rьdiger: “Wie darf ich ihnen schaden?
Heim zu meinem Hause hab ich sie geladen;
Pflege, Trank und Speise ich ihnen gьtlich bot,
Dazu meine Gabe; und soll ich sie nun schlagen tot? (2226)

Die Leute mцgen wдhnen, ich sei zu verzagt.
Keiner meiner Dienste war ihnen je versagt,
Den Fьrsten wohlgeboren und ihrem ganzen Bann:
Nun reut mich die Freundschaft, die ich an ihnen gewann. (2227)

“Geiselher dem Degen gab ich die Tochter mein.
Sie konnt auf Erden nimmer besser verwendet sein,
Seh ich auf Zucht und Ehre, auf Treue oder Gut:
Nie war ein junger Kцnig von so tugendreichem Mut.” (2228)

Da sprach wieder Kriemhild: “Viel edler Rьdiger,
Nun lass dich erbarmen unsres Leids Beschwer,
Mein und auch des Kцnigs: Gedenke wohl daran,
Dass kein Wirt auf Erden so leide Gдste noch gewann.” (2229)

Da sprach der Markgraf zu der Kцnigin hehr:
“Heut muss mit dem Leben entgelten Rьdiger
Was ihr und auch der Kцnig mir Liebes habt getan.
Dafьr muss ich nun sterben: Es steht nicht lдnger mehr an. (2230)

“Ich weiЯ wohl, dass noch heute meine Burgen und mein Land
Euch ledig werden mьssen von dieser Helden Hand:
So befehl ich eurer Gnade mein Weib und auch mein Kind
Und all die Heimatlosen, die dort zu Bechlaren sind.” (2231)

“Nun lohne Gott dir, Rьdiger!”, der Kцnig sprach da so:
Er und auch die Kцnigin, sie wurden beide froh.
“Uns sollen deine Leute wohl befohlen sein;
Auch trau ich meinem Heile, du werdest selber glьcklich sein.” (2232)

Da setzt' er auf die Waage die Seele wie den Leib:
Da begann zu weinen Kцnig Etzels Weib.
Er sprach: “Ich muss euch halten den Eid, den ich getan:
O weh meiner Freunde! Gar ungern greif ich sie an.” (2233)

Man sah ihn von dem Kцnig in groЯem Kummer gehn.
Da fand er in der Nдhe seine Recken stehn;
Er sprach: “Ihr sollt euch waffnen, ihr all in meinem Lehn:
Die kьhnen Burgonden, die muss ich leider bestehn.” (2234)

Sie geboten hin zu eilen, wo man die Waffen fand:
Da wurden ihre Helme und mancher Schildesrand
Von dem Ingesinde alsbald herbei getragen:
Bald hцrten leide Mдre die stolzen Fremdlinge sagen. (2235)

Gewaffnet ward da Rьdiger mit fьnfhundert Mann;
Zwцlf Recken noch darьber zogen mit ihm heran.
Sie wollten Preis erwerben in des Sturmes Not:
Sie wussten nicht die Mдre, dass ihnen nahe der Tod. (2236)

Man sah den Markgrafen unterm Helme gehn.
Scharfe Schwerter trugen die in Rьdgers Lehn,
Dazu vor ihren Hдnden die lichten Schilde breit:
Das sah der Fiedelspieler; dem war es unsдglich leid. (2237)

Da sah der junge Geiselher seinen Schwдher gehn
Mit aufgebundnem Helme. Wie mocht er da verstehn,
Wie er damit es meine, es sei denn treu und gut?
Da gewann der edle Kцnig einen frцhlichen Mut. (2238)

“Nun wohl mir solcher Freunde!”, sprach da Geiselher,
“Wie wir gewonnen haben auf der Fahrt hieher.
Meines Weibes willen ist uns Hilfe nah:
Lieb ist mir, meiner Treue, dass diese Heirat geschah.” (2239)

“WeiЯ nicht, wes ihr euch trцstet,” sprach der Fiedelmann,
“Wann saht ihr wohl zur Sьhne so viel der Helden nahn
Mit aufgebundnem Helme, die Schwerter in der Hand?
Er will an uns verdienen seine Burgen und sein Land.” (2240)

Bevor der Fiedelspieler das Wort gesprochen gar,
Rьdiger der edle schon vor dem Hause war.
Seinen Schild den guten setzt' er vor den FuЯ:
Da musst er seinen Freunden versagen dienstbereiten GruЯ. (2241)

Da rief der edle Markgraf hinьber in den Saal:
“Ihr kьhnen Nibelungen, nun wehrt euch allzumal.
Ihr solltet mein genieЯen, ihr entgeltet mein:
Einst waren wir befreundet: Der Treue will ich ledig sein.” (2242)

Da erschraken dieser Mдre die Notbedrдngten sehr.
Es ward davon der Freude bei niemanden mehr,
Dass sie bestreiten wollte, dem jeder Liebe trug:
Sie hatten von den Feinden schon Leid erfahren genug. (2243)

“Das verhьte Gott vom Himmel!”, sprach Gunther der Degen.
“Dass ihr eurer Freundschaft also tut entgegen
Und der groЯen Treue, worauf uns sann der Mut:
Ich will euch wohl vertrauen, dass ihr das nimmermehr tut.” (2244)

“Es ist nicht mehr zu wenden,” sprach der kьhne Mann,
“Ich muss mit euch streiten, wie ich den Schwur getan.
Nun wehrt euch, kьhne Helden, so lieb euch seid er Leib:
Mir wollt es nicht erlassen des Kцnigs Etzel Weib.” (2245)

“Ihr widersagt uns allzu spдt,” sprach der Kцnig hehr.
“Nun mцg euch Gott vergelten, viel edler Rьdiger,
Die Treue und die Liebe, die ihr uns habt getan,
Wenn ihr bis an das Ende auch halten wolltet daran. (2246)

“Wir wolltens immer danken was ihr uns habt gegeben,
Ich und meine Freunde, lieЯet ihr uns leben:
Ihr gabt uns hehre Gaben, als ihr uns fьhret her
Ins Heunenland zu Etzeln: Bedenket das, edler Rьdiger.” (2247)

“Wie gern ich euch das gцnnte!”, sprach Rьdiger der Degen,
“Wenn ich euch meiner Gabe die Fьlle dьrfte wдgen
Nach meinem Wohlgefallen; wie gerne tдt ich das,
So mir es nicht erwьrbe der edeln Kцnigin Hass!” (2248)

“Lasst ab, edler Rьdiger,” sprach da Gernot,
“Nie ward ein Wirt gefunden, der es den Gдsten bot
So freundlich und so gьtlich als uns von euch geschehn:
Des sollt ihr auch genieЯen, so wir lebendig entgehn.” (2249)

“Das wollte Gott,” sprach Rьdiger, “viel edler Gernot,
“Dass ihr am Rheine wдret, und ich wдre tot:
So rettet' ich die Ehre, da ich euch soll bestehn;
Es ist an fremden Degen von Freunden nie so arg geschehn.” (2250)

“Nun lohn euch Gott, Herr Rьdiger,” sprach da Gernot,
“Eure reiche Gabe. Mich reuet euer Tod,
Soll an euch verderben so tugendlicher Mut.
Hier trag ich eure Waffe, die ihr mir gabet, Degen gut. (2251)

Die hat mir nie versagt noch in aller dieser Not;
Es fiel vor ihrer Schдrfe so mancher Ritter tot;
Sie ist stark und lauter, herrlich und gut:
Gewiss, so reiche Gabe nie wieder ein Recke tut. (2252)

Und ist euch nicht zu raten, und wollt ihr uns bestehn,
Erschlagt ihr mir die Freunde, die hier noch bei mir stehn,
Mit euerm Schwerte nehm ich Leben euch und Leib:
So reuet ihr mich, Rьdiger, und euer herrliches Weib.” (2253)

“Das wolle Gott, Herr Gernot, und mцchte das geschehn,
Dass hier nach euerm Willen alles kцnnt ergehn,
Und dass gerettet wьrde eurer Freunde Leib:
Euch sollten wohl vertrauen meine Tochter und mein Weib.” (2254)

Da sprach von Burgonden der schцnen Ute Kind:
“Wie tut ihr so, Herr Rьdiger? Die mit mir kommen sind.
Die sind euch all gewogen; ihr greifet ьbel zu:
Eure schцne Tochter wollt ihr verwitwen allzufrьh. (2255)

Wenn ihr und eure Recken mich wollt im Streit bestehn,
Wie wдre das unfreundlich, wie wenig lieЯ es sehn,
Dass ich euch vertraute vor jedem andern Mann,
Als ich zu einem Weibe eure Tochter mir gewann.” (2256)

“Gedenkt eurer Treue, viel edler Kцnig hehr,
Und schickt euch Gott von hinnen,” so sprach Rьdiger,
“So soll es nicht entgelten die liebe Tochter mein:
Bei aller Fьrsten Tugend geruht ihr gnдdig zu sein.” (2257)

“So sollt ichs billig halten;” sprach Geiselher das Kind;
“Doch meine hohen Freunde, die noch im Saale sind,
Wenn die vor euch ersterben, so muss geschieden sein
Diese stete Freundschaft zu dir und der Tochter dein.” (2258)

“Nun mцge Gott uns gnaden,” sprach der kьhne Mann.
Da hoben sie die Schilde, als wollten sie hinan
Zu streiten mit den Gдsten in Kriemhildens Saal:
Ьberlaut rief Hagen da von der Stiege zu Tal: (2259)

“Noch harret eine Weile, viel edler Rьdiger.”
Also sprach da Hagen: “Wir reden erst noch mehr,
Ich und meine Herren, uns zwingt dazu die Not.
Was hilft es Etzeln, finden wir in der Fremde den Tod?” (2260)

“Ich steh in groЯer Sorge,” sprach wieder Hagen,
“Den Schild, den Frau Gotlinde mir gab zu tragen,
Den haben mir die Heunen zerhauen vor der Hand:
Ich bracht ihn doch mit Treue her in Kцnig Etzels Land. (2261)

Dass es Gott vom Himmel vergцnnen wollte,
Dass ich so guten Schildes genieЯen sollte
Als du hast vor den Hдnden, viel edler Rьdiger:
So bedьrft ich in dem Sturme keiner Halsbergen mehr.” (2262)

“Gern wollt ich dir dienen mit meinem Schilde,
Dьrft ich dir ihn bieten vor Kriemhilde.
Doch nimm ihn immer, Hagen, und trag ihn an der Hand:
Hei! Dьrftest du ihn fьhren heim in der Burgonden Land!” (2263)

Als er den Schild zu geben so willig sich erbot,
Da wurden mancher Augen von heiЯen Trдnen rot.
Es war die letzte Gabe: Es durfte nimmermehr
Einem Degen Gabe bieten von Bechlaren Rьdiger. (2264)

Wie grimmig auch Hagen, wie zornig war sein Mut,
Ihn erbarmte doch die Gabe, die der Degen gut
So nahe seinem Ende noch an ihn getan.
Mancher edle Ritter mit ihm zu trauern begann. (2265)

“Nun lohn euch Gott vom Himmel, viel edler Rьdiger.
Es gibt eures Gleichen auf Erden nimmer mehr,
Der heimatlosen Degen so milde Gabe gebe:
So mцge Gott gebieten, dass eure Tugend immer lebe. (2266)

O weh mir diese Mдre,” sprach wieder Hagen,
“Wir hatten Herzensschwere genug zu tragen:
Das mьsse Gott erbarmen, gilts uns mit Freunden Streit!”
Da sprach der Markgraf wieder: “Das ist mir inniglich leid.” (2267)

“Nun lohn ich euch die Gabe, viel edler Rьdiger:
Was immer widerfahre diesen Recken hehr,
Es soll euch nicht berьhren im Streite meine Hand,
Ob ihr sie all erschlьget, die von der Burgonden Land.” (2268)

Da neigte sich ihm dankend der gute Rьdiger.
Sie weinten allenthalben: Dass nicht zu wenden mehr
Dieser Herzensjammer, das war eine groЯe Not.
Der Vater aller Tugend fand an Rьdiger den Tod. (2269)

Da sprach von der Stiege Volker der Fiedelmann:
“Da mein Geselle Hagen euch bot den Frieden an;
So biet ich auch so steten euch von meiner Hand;
Das habt ihr wohl verdienet, da wir kamen in das Land. (2270)

Ihr sollt, viel edler Markgraf, mein Bote werden hier:
Diese roten Spangen gab Frau Gotlinde mir,
Dass ich sie tragen sollte bei dieser Lustbarkeit:
Ihr mцgt sie selber schauen, dass ihr des mein Zeuge seid.” (2271)

“Wollt es Gott der Reiche,” sprach da Rьdiger,
“Dass euch die Markgrдfin noch geben dьrfte mehr.
Die Mдre sag ich gerne der lieben Trauten mein,
Seh ich gesund sie wieder: Des sollt ihr auЯer Zweifel sein.” (2272)

Nach diesem Angeloben den Schild hob Rьdiger,
Sein Mut begann zu toben: Nicht lдnger sдumt' er mehr;
Auf lief er zu den Gдsten wohl einem Helden gleich:
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58