Die edle Kцnigin kьsst' er in der Helden Gegenwart. (633)
Sich teilte das Gesinde, als das vor ihm geschah;
Auf dem Ehrenplatze man Siegfrieden sah
Bei Kriemhilden sitzen: Ihm diente mancher Mann;
Man sah die Nibelungen Siegfrieden auch untertan. (634)
Der Kцnig saЯ am Tische bei Brunhild der Maid:
Da sah sie Kriemhilden (wie war ihr das so leid!)
Bei Siegfrieden sitzen; zu weinen hub sie an,
Dass ihr manche Trдne ьber lichte Wangen rann. (635)
Da sprach der Wirt des Landes: “Was ist euch, Fraue mein,
Dass ihr so trьben lasset der lichten Augen Schein?
Nun solltet ihr euch freuen, euch ist untertan
Mein Land und meine Burgen und mancher waidliche Mann.” (636)
“Wohl hab ich Grund zu weinen,” sprach die schцne Maid:
“Deiner Schwester wegen trag ich Herzeleid;
Ich sehe sie da sitzen bei dem Eigenholden dein:
Wohl muss ich immer weinen, soll sie so verderbet sein.” (637)
Da sprach der Kцnig Gunther: “Das mцgt ihr still ertragen:
Ich will euch diese Mдre zu andern Zeiten sagen,
Warum ich meine Schwester an Siegfrieden gegeben;
Wohl mag sie mit dem Recken immer in Freuden leben.” (638)
Sie sprach: “Mich reuet immer ihre Schцne und Sittsamkeit;
Wьsst ich wohin ich sollte, ich flцhe gerne weit,
Und wollt euch eher nimmer nahe liegen bei,
Bis ich wьsste weshalb Kriemhild die Braut von Siegfrieden sei.” (639)
Da sprach der Kцnig Gunther: “Ich mach es euch bekannt:
Er hat wohl wie ich selber Burgen und weites Land,
Das dьrft ihr sicher glauben, er ist ein Kцnig reich:
Drum geb ich ihm zum Weibe die schцne Magd ohne Gleich.” (640)
Was ihr der Kцnig sagte, traurig blieb ihr Mut.
Da eilte von den Tischen mancher Ritter gut:
Das Kampfspiel ward so mдchtig, dass rings die Burg erklang,
Dem Wirt bei seinen Gдsten wдhrte das viel zu lang. (641)
Er dacht: “Ich lдge sanfter der schцnen Fraue bei.”
Da war er des Gedankens nicht gar im Herzen frei,
Von ihrer Minne mьsse viel Liebes ihm geschehn.
Da begann er freundlich Frau Brunhilden anzusehn. (642)
Vom Ritterspiel die Gдste hat man abzustehn:
Mit seinem Weib der Kцnig zu Bette wollte gehn.
Vor des Saales Stiege kam einander nah
Kriemhild und Brunhilde: kein Hass noch regte sich da. (643)
Da kam ihr Ingesinde: Sie sдumten lдnger nicht,
Ihre reichen Kдmmerlinge brachten ihnen Licht.
Da teilten sich die Recken in der zwei Kцnge Lehn:
Da sah man viel der Degen hinweg mit Siegfrieden gehn. (644)
Die Helden kamen beide hin wo sie sollten liegen:
Da dachten alle beide mit Minnen abzusiegen
Den waidlichen Frauen; das sдnftete ihren Mut.
Siegfriedens Kurzweil, die wurde herrlich und gut. (645)
* Als Siegfried der Degen bei Kriemhilden lag
Und er der Jungfrauen so minniglich pflag
Mit seiner edeln Minne, sie war ihm wie sein Leben:
Er hдtte nicht die eine fьr tausend Frauen gegeben. (646)
Ich sag euch nicht weiter wie er der Fraue pflag;
Nun hцret diese Mдre, wie Kцnig Gunther lag
Bei Brunhild seiner Frauen: zierlicher Degen
Haben manche sanfter bei andern Frauen gelegen. (647)
* Das Volk hatt ihn verlassen, die Frauen und sein Bann:
Da ward die Kemenate balde zugetan.
Er wдhnt', er solle kosen ihren minniglichen Leib:
Da wдhrt' es noch gar lange, bevor sie wurde sein Weib. (648)
Im weiЯen Linnenhemde ging sie ins Bett hinein.
Der edle Ritter dachte: “Nun ist das alles mein,
Wes mich je verlangte in allen meinen Tagen.”
Sie musst ob ihrer Schцne mit groЯem Recht ihm behagen. (649)
Das Licht begann zu bergen des edeln Kцnigs Hand.
Da ging der kьhne Degen, wo er die Fraue fand;
Er legte sich ihr nahe, seine Freude die war groЯ,
Als die Minnigliche der Held mit Armen umschloss. (650)
* Minnigliches Kosen mocht er das viel begehn,
Wenn die edle Fraue solches lieЯ geschehn;
Doch zьrnte sie gewaltig; den Herrn betrьbte das.
Er wдhnt', er finde Freude, da fand er feindliches Hass. (651)
Sie sprach: “Edler Ritter, das lasst euch nur vergehn:
Was ihr da habt im Sinne, das kann noch nicht geschehn.
Ich will noch Mдgdlein bleiben, Herr Kцnig, merkt euch das,
Bis ich die Mдr erfahre.” Da fasste Gunther ihr Hass. (652)
Er rang nach ihrer Minne und zerriss ihr Kleid.
Da griff nach einem Gьrtel die herrliche Maid,
Einer starken Borte, die sie zur Seite trug:
Da tat sie dem Kцnige groЯen Leides genug. (653)
Die FьЯ und auch die Hдnde sie ihm zusammenband,
Zu einem Nagel trug sie ihn und hing ihn an die Wand.
Als er im Schlaf sie stцrte, das Kosen sie ihm verbot:
Von ihrer Stдrke hдtt er beinah gewonnen den Tod. (654)
Da begann zu flehen der Meister sollte sein:
“Lцset meine Bande, viel edle Kцnigin mein.
Ich getreu euch, schцne Fraue, nimmer obzusiegen,
Und will auch wahrlich selten so nahe neben euch liegen.” (655)
* Sie frug nicht, wie ihm wдre, da sie in Ruhe lag.
Da musst er hangen bleiben die Nacht bis an den Tag,
Bis der lichte Morgen durchs Fenster warf den Schein:
Hatt er je Kraft besessen, die ward an seinem Leibe klein. (656)
“Nun sagt mir, Herr Gunther, ist euch das etwas leid,
Wenn euch gebunden finden,” sprach die schцne Maid,
“Eure Kдmmerlinge von einer Frauen Hand?”
Da sprach der edle Ritter: “Das wьrd euch ьbel gewandt. (657)
Auch wдr mirs wenig Ehre,” sprach der edle Mann:
“Um eurer Tugend willen, nehmt mich nun bei euch an.
Ist euch meine Minne denn so mдchtig leid,
Ich will mit meinen Hдnden selten rьhren euer Kleid.” (658)
Sie lцste seine Bande: Er ging, da er befreit,
Wieder an das Bette zu der edeln Maid;
Er legte sich so ferne, dass er ihr Hemde fein
Selten mehr berьhrte; auch wollte sie des ledig sein. (659)
Nun kam auch ihre Gesinde, das brachte neu Gewand;
Des war heute Morgen genug fьr sie zur Hand.
Wie froh man da gebahrte, traurig war sein Mut;
Der Kцnig des Landes, ihre Freude dдucht ihn nicht gut. (660)
Nach des Landes Sitte, die man mir Recht beging,
Gunter und Brunhilde nicht lдnger das verhing:
Sie gingen nach dem Mьnster, wo man die Messe sang.
Dahin auch kam Herr Siegfried: Da hob sich mдchtiger Drang. (661)
Nach kцniglichen Ehren war da fьr sie bereit
Was sie haben sollten, die Krone wie das Kleid.
Da wurden sie geweiht: Als das war geschehn,
Da sah man unter Krone alle viere herrlich stehn. (662)
Viel Knappen wurden Ritter, sechshundert oder mehr,
Das sollt ihr sicher glauben, den Kцnigen zur Ehr.
Da hob sich groЯe Freude in Burgondenland;
Man hцrte Schдfte hallen an der Schwertdegen Hand. (663)
Da saЯen in den Fenstern die schцnen Mдgdelein;
Sie sahen vor sich leuchten manches Schildes Schein.
Da hatte sich der Kцnig getrennt von seinem Bann:
Was jemand da begonnte, er sah es trauernd mit an. (664)
Ihm und Siegfrieden ungleich stand der Mut;
Wohl wusste was ihm fehlte der edle Ritter gut.
Da ging es zu dem Kцnige, zu fragen er begann:
“Wie ists euch heunt gelungen? Das sagt, Herr Gunther, mir an.” (665)
Da sprach der Wirt zum Gaste: “Den Spott zu dem Schaden
Hab ich an meiner Frauen in mein Haus geladen.
Ich wдhnte sie zu minnen, als sie mich mдchtig band:
Zu einem Nagel trug sie mich, und hing mich hoch an die Wand. (666)
“Da hing ich sehr in Дngsten die Nacht bis an den Tag
Eh sie mich wieder lцste: Wie sanft sie da lag!
Das sei dir in der Stille geklagt in Freundlichkeit.”
Da sprach der starke Siegfried: “Das ist mir sicherlich leid.” (667)
“Das will ich euch beweisen, verschmerzt ihr den Verdruss.
Ich schaffe, dass sie heunte so nah euch liegen muss,
Dass sie euch ihre Minne nicht lдnger vorenthдlt.”
Die Rede hцrte gerne nach seinem Leide der Held. (668)
* “Nun schau meine Hдnde, wie die geschwollen sind:
Die drьckte sie so mдchtig, als wдr ich ein Kind,
Dass das Blut mir allwдrts aus den Nдgeln drang.
Ich hegte keinen Zweifel, mein Leben wдhre nicht lang. (669)
* Da sprach der Degen Siegfried: “Es wird noch alles gut:
Uns beiden war wohl ungleich heute Nacht zu Mut.
Deine Schwester Kriemhild ist mir lieber als der Leib;
Es muss Frau Brunhilde noch heute werden dein Weib.” (670)
Er sprach: “Noch heunte komm ich zu euerm Kдmmerlein
Also wohl verborgen in der Tarnkappe mein,
Dass sich meiner Kьnste niemand mag versehn,
Lasst die Kдmmerlinge zu den Herbergen gehn; (671)
“So lцsch ich den Kindern die Lichter an der Hand:
Dass ich herein getreten sei euch dabei bekannt.
Weil ich euch gerne diene, so zwing ich euch das Weib,
Dass ihr sie heunte minnet: ich verlцr denn Leben und Leib.” (672)
“Wenn du ihr nicht kosest,” Der Kцnig sprach da so,
Meiner lieben Frauen, so bin ichs gerne froh;
Sonst tu ihr was du wollest und nдhmst du ihr den Leib,
Das wollt ich wohl verschmerzen: Sie ist ein furchtbares Weib.” (673)
“Das versprech ich,” sprach da Siegfried, “bei der Treue mein,
Dass ich ihr nicht kose; die liebe Schwester dein
Geht mir ьber alle, die ich jemals sah.”
Wohl glaubte Kцnig Gunther der Rede Siegfriedens da. (674)
Da gabs von Ritterspielen Freude so wie Not:
Turnei und Tiostieren man allzumal verbot.
Als die Frauen sollten nach dem Saale gehn,
Geboten Kдmmerlinge den Leuten, nicht im Weg zu stehn. (675)
Da ward der Hof von Leuten und Rossen wieder frei.
Zwei Bischцfe fьhrten die Frauen alle zwei,
Als sie vor den Kцnigen zu Tische sollten gehn.
Ihnen folgten zu den Stьhlen viel der Degen ausersehn. (676)
* Der Kцnig wohl gemutet in froher Hoffnung saЯ.
Was Siegfried ihm gelobte, wohl behielt er das;
Der eine Tag ihn dдuchte wohl dreiЯig Tage lang:
Nach seiner Frauen Minne all sein Denken ihm rang. (677)
Er konnt es kaum erwarten bis das Mahl vorbei.
Die schцne Brunhilde rief man da herbei
Und auch Kriemhilden: Sie sollten schlafen gehn:
Hei! Was man schneller Degen sah vor den Kцniginnen stehn! (678)
Siegfried der Herre minniglich noch saЯ
Bei seinem schцnen Weibe mit Freuden ohne Hass:
Sie koste seine Hдnde mit ihrer weiЯen Hand,
Bis er ihr vor den Augen, sie wusste nicht wie, verschwand. (679)
Da sie mit ihm spielte, und sie ihn nicht mehr sah,
Zu seinem Ingesinde sprach die Kцnigin da:
“Mich wundert sehr, wo ist doch der Kцnig hingekommen?
Wer hat seine Hдnde mir aus den meinen genommen?” (680)
Die Rede lieЯ sie bleiben. Da eilt' er hinzugehn,
Wo er die Kдmmerlinge fand mit Lichtern stehn:
Die lцscht' er unversehens den Kindern an der Hand:
Dass es Siegfried wдre, das war da Gunthern bekannt. (681)
Wohl wusst er, was er wolle: Er lieЯ von dannen gehn
Die Mдgdelein und Frauen. Als das war geschehn,
Der edle Kцnig selber verschloss der Kammer Tьr:
Starker Riegel zweie, die warf er balde dafьr. (682)
Hinterm Bettvorhange barg er da das Licht.
Ein Spiel sogleich begonnte, vermeiden lieЯ sichs nicht,
Siegfried der starke mit der schцnen Maid:
Das war dem Kцnig Gunther beides lieb und auch leid. (683)
Da legte sich Siegfried der Kцnigin bei.
Sie sprach: “Nun lasst es, Gunther, wie lieb es euch auch sei,
Dass ihr nicht Not erleidet heute so wie eh:
Oder euch geschiehet von meinen Hдnden wieder weh.” (684)
Er hehlte seine Stimme, kein Wцrtlien sprach er da:
Wohl hцrte Kцnig Gunther, wiewohl er sie nicht sah,
Dass Heimliches von beiden wenig da geschah:
Nicht viel bequeme Ruhe hatten sie im Bette da. (685)
Er stellte sich, als wдr er Gunther der Kцnig reich:
Er umschloss mit Armen das Mдgdlein ohne Gleich.
Sie warf ihn aus dem Bette dabei auf eine Bank,
Dass laut a einem Schemel ihm das Haupt davon erklang. (686)
Wieder auf mit Krдften sprang der kьhne Mann,
Es besser zu versuchen: Wie er das begann,
Dass er sie zwingen wollte, da widerfuhr ihm Weh.
Mich dьnkt, dass solche Wehre von Fraun nicht wieder gescheh. (687)
Da ers nicht lassen wollte, das Mдgdlein aufsprang:
“Euch ziemt nicht zu zerreiЯen mein Hemd also blank.
Ihr seid ein Ungestьmer: Das soll euch werden leid,
Des sollt ihr inne werden,” sprach die herrliche Maid. (688)
Sie umschloss mit Armen den tapferlichen Degen,
Und wollt ihn auch in Bande wie den Kцnig legen,
Dass sie im Bette lдge mit Gemдchlichkeit.
Wie grimmig sie das rдchte, dass er zerzerret ihr Kleid! (689)
Was half ihm da die Stдrke und seine groЯe Kraft?
Sie bewies dem Degen ihres Leibes Meisterschaft:
Sie trug ihn ьbermдchtig, das musste schon so sein,
Und drьckt' ihn ungefьge bei dem Bett an einen Schrein. (690)
“Weh,” dachte Siegfried, “soll ich Leben hier und Leib
Von einer Maid verlieren, so mag ein jedes Weib
In allen kьnftgen Zeiten tragen Frevelmut
Dem Manne gegenьber, die sonst wohl nimmer es tut.” (691)
Der Kцnig hцrte alles, er bangte fьr den Mann.
Siegfried sich schдmte, zu zьrnen hub er an.
Mit ungefьgen Krдften ihr entgegen setzt' er sich,
Dass er sich versuche an Frau Brunhilden дngstliglich. (692)
* Wie sie ihn niederdrьckte, sein Zorn bewirkte das
Und seine starken Krдfte, dass er trotz ihrem Hass
Sich aufrichten konnte; seine Angst die war groЯ.
Sie gaben in der Kammer sich hin und her manchen StoЯ. (693)
* Auch litt der Kцnig Gunther Sorgen und Beschwer:
Er musste manchmal flьchten vor ihnen hin und her.
Sie rangen so gewaltig dass es Wunder nahm,
Wenn eines vor dem andern mit dem Leben noch entkam. (694)
* Den Kцnig Gunther mьhte beiderseits die Not:
Doch fьrchtet' er am meisten Siegfriedens Tod.
Wohl hдtte sie dem Degen das Leben schier benommen:
Durft er nur, er wдre ihm gern zu Hilfe gekommen. (695)
* Gar lange zwischen ihnen dauerte der Streit,
Doch bracht er an das Bette zuletzt zurьck die Maid:
Wie sehr sie sich auch wehrte, die Wehr ward endlich schwach.
Der Kцnig in seinen Sorgen hing manchem Gedanken nach. (696)
Dem Kцnig wдhrt' es lange bis er sie bezwang.
Sie drьckte seien Hдnde, dass aus den Nдgeln sprang
Das Blut von ihren Krдften; das war dem Helden leid:
Des starken Siegfried Krдfte, gewaltig schmerzten sie die. (697)
Da griff sie nach der Seite, wo sie die Borte fand,
Um ihn damit zu binden: da wehrt' es seine Hand,
Dass ihr die Glieder krachten, dazu der ganze Leib.
Da war der Streit entschieden: da wurde sie Gunthers Weib. (698)
Sie sprach: “Edler Kцnig, das Leben schenke mir.
Es wird wohl versьhnet was ich getan an dir:
Ich wehre mich nicht wieder der edeln Minne dein:
Nun hab ichs wohl befunden, dass du magst Frauen Meister sein.” (699)
Siegfried ging von dannen (liegen bleib die Maid),
Als ob er abzuwerfen gedдchte nur das Kleid.
Er wusst ihr von den Hдnden einen goldnen Reif zu ziehn,
Dass es nicht inne wurde diese edle Kцnigin. (700)
Auch nahm er ihren Gьrtel, eine Borte gut;
Ich weiЯ nicht, obs geschehen aus hohem Ьbermut.
Er gab sie seinem Weibe, das ward ihm spдter leid.
Da lagen beieinander der Kцnig und die schцne Maid. (701)
* Er pflag der Frauen minniglich, wie ihm das wohl zu kam:
Da musste sie verschmerzen ihren Zorn und ihre Scham.
Von seinen Heimlichkeiten ihre lichte Farbe erblich;
Hei! Wie von der Minne die groЯe Kraft ihr entwich! (702)
Da war auch sie nicht stдrker als ein ander Weib.
Minniglich liebkost' er ihren schцnen Leib;
Wenn sie ihm widerstдnde, was kцnnt es sie versahn?
Das hatt ihr alles Gunther mit seinem Minnen getan. (703)
Wie minniglich der Degen da bei der Frauen lag,
In freundlicher Liebe bis an den lichten Tag!
Nun ging der Herre Siegfried wieder hindann:
Er wurde wohl empfangen von einer Frauen wohlgetan. (704)
Er widerstand der Frage, die sie da begann;
Auch hehlt' er ihr noch lange was er fьr sie gewann,
Bis sie in seinem Lande daheim die Krone trug;
Was sie nur haben wollte, er gab ihrs willig genug. (705)
Dem Wirt am andern Morgen viel hцher stand der Mut
Als an dem ersten Tage: Da ward die Freude gut
In seinem ganzen Lande bei manchem edeln Mann;
Die er zu Hof geladen, denen ward viel Dienst getan. (706)
Das Hofgelage wдhrte den vierzehnten Tag,
Dass sich unterdessen der Schall nicht unterbrach
Von aller Lust und Kurzweil, die jemand gerne sah.
Wahrlich hohe Kosten verwandte der Kцnig da. (707)
Des edeln Wirtes Freunde, wie es der Fьrst gewollt,
Verschenkten ihm zu Ehren Gewand und rotes Gold,
Silber auch und Rosse an manchen kьhnen Mann.
Die Herrn, die hingezogen, die schieden frцhlich hindann. (708)
Auch der kьhne Siegfried aus dem Niederland
Mit seinen tausend Mannen, ihr sдmtliches Gewand,
Das sie zum Rheine brachten, ward ganz dahin gegeben,
Schцne Ross und Sдttel: Sie wussten herrlich zu leben. (709)
Bevor die reiche Gabe noch alle war verwandt,
Schon dдucht es die zu lange, die wollten in ihr Land.
Nie sah man ein Gesinde mehr so wohl verpflegen:
So endete die Hochzeit; da schied von dannen mancher Degen. (710)
11. Abenteuer
Wie Siegfried mit seinem Weibe heimkehrte
Als die Gдste waren gefahren all davon,
Da sprach zu dem Gesinde Kцnig Siegmunds Sohn:
“Wir wollen auch uns rьsten zur Fahrt in unser Land.”
Lieb war es seinem Weibe, als das der Fraue ward bekannt. (711)
* Sie sprach zu ihrem Manne: “Wann sollen wir fahren?
So sehr dahin zu eilen will ich mich bewahren:
Erst sollen mit mir teilen meine Brьder dieses Land.”
Leid war es Siegfrieden, als ers an Kriemhilden fand. (712)
Die Fьrsten zu ihm gingen und sprachen alle drei:
“Wisset, Kцnig Siegfried, dass euch immer sei
Unser Dienst mit Treue bereit bis in den Tod.”
Er neigte sich den Degen, da mans so gьtlich ihm erbot. (713)
“Wir wolln auch mit euch teilen,” sprach Geiselher das Kind.
“Das Land und die Burgen, die unser eigen sind,
Und was der weiten Reiche uns ist untertan:
Ihr empfangt mit Kriemhild euer gutes Teil daran.” (714)
Der Sohn Siegmundens sprach zu den Fьrsten da,
Als er der Herren Willen hцrte und ersah:
“Gott lass euch euer Erde immer gesegnet sein;
Ich mag es wohl entraten mit der lieben Frauen mein. (715)
* “Sie bedarf nicht des Teiles, den ihr ihr wolltet geben:
Wo sie soll Krone tragen, werd ich es erleben,
Da muss sie reicher werden als wer auf Erden sei:
Was ihr sonst gebietet, ich steh euch immer dienstlich bei.” (716)
Da sprach Frau Kriemhilde: “Wenn ihr mein Land verschmдht
Um die Burgonden-Degen es so gering nicht steht:
Die mag ein Kцnig gerne fьhren in sein Land;
Wohl soll sie mit mir teilen meiner lieben Brьder Hand.” (717)
Da sprach Gernot der Degen: “Nimm die du willst mit dir:
Die gerne mit dir ritten, du findest viele hier.
Aus dreiЯig hundert Recken nimm dir tausend Mann
Zu deinem Hausgesinde.” Kriemhild zu senden begann (718)
Nach Hagen von Tronje und nach Ortewein,
Ob sie und ihre Freunde Kriemhildens wollen sein?
Darob gewann da Hagen ein zornigliches Leben:
Er sprach: “Uns kann Herr Gunther in der Welt an niemand vergeben.” (719)
“Ander Ingesinde nehmt zu eurer Fahrt:
Ihr werdet ja wohl kennen deren von Tronje Art.
Wir mьssen bei den Kцnigen am Hofe hier bestehn,
Und denen ferner dienen, deren Dienst mir stets versehn.” (720)
Sie lieЯen es bewenden und schickten sich hindann,
Ihr edel Ingesinde Kriemhild zu sich gewann,
ZweiunddreiЯig Mдgdelein und fьnfhundert Mann;
Eckewart der Markgraf zog mit Kriemhilden hindann. (721)
Da nahmen alle Urlaub, Ritter so wie Knecht,
Mдgdelein und Frauen, so war es gut und recht.
Sie schieden unter Kьssen voneinander unverwandt
Und jene rдumten frцhlich dem Kцnig Gunther das Land. (722)
Die Freunde sie geleiteten fern auf ihren Wegen.
Man lieЯ allenthalben ihnen Nachtherberge legen
Wo sie die nehmen wollten in der Kцnge Land.
Da wurden bald auch Boten zu Kцnig Siegmund gesandt, (723)
Dass er wissen mцge und auch Frau Siegelind,
Sein Sohn wolle kommen mit Frau Utens Kind,
Kriemhild der schцnen, von Wormes ьber Rhein:
Diese Mдren konnten ihnen nicht willkommner sein. (724)
“O wohl mir,” sprach da Siegmund, “dass ich den Tag soll sehn,
Dass die schцne Kriemhild hier soll gekrцnet gehn!
Das steigert mir im Werte noch all das Erbe mein:
Mein Sohn Siegfried soll selber hier Kцnig sein.” (725)
Da gb ihnen Sieglind Kleider sametrot
Und schweres Gold und Silber, das war ihr Botenbrot.
Sie freute sich der Mдre, die man ihr hergesandt;
Sie kleidet' ihr Gesinde mit allem FleiЯ nach seinem Stand. (726)
Man sagte, wer da kдme mit ihm in das Land.
Da lieЯ sie das Gestьhle errichten gleich zur Hand,
Wo er vor seinen Freunden gekrцnet sollte gehn.
Entgegen ritten ihnen die in Kцnig Siegmunde Lehn. (727)
Wer besser ward empfangen, mir ist es unbekannt,
Als die Helden wurden in Siegmundens Land.
Kriemhilden die schцne Sieglind entgegenritt;
Viel schцner Frauen und kьhner Ritter zogen mit (728)
Wohl eine Tagesreise bis man die Gдste sah.
Die Heimischen und Fremden litten Beschwerde da,
Bis sie endlich kamen zu einer Veste weit,
Die war geheiЯen Santen, wo die Krone trugen nach der Zeit. (729)
Mit lachendem Munde Siegmund und Siegelind
Manche liebe Weile kьssten sie Utens Kind
Und Siegfried den Degen; ihnen war ihr Leid benommen.
All ihr Ingesinde war ihnen hцchlich willkommen. (730)
Man lieЯ die Gдste bringen vor Kцnig Siegmunds Saal.
Die schцnen Jungfrauen hub man allzumal
Von den Mдhren nieder: Da war mancher Mann,
Der den schцnen Frauen mit FleiЯ zu dienen begann. (731)
* So prдchtig ihre Hochzeit am Rheine war bekannt,
Doch gab man hier den Helden besseres Gewand
Als sie jemals trugen in allen ihren Tagen.
Man mochte groЯe Wunder von ihrem Reichtume sagen. (732)
In hoher Ehren Schimmer hatten sie genug,
Goldrote Kleider immer ihr Ingesinde trug:
Edel Gestein und Borten sah man gewirkt darin.
So verpflag sie fleiЯig Sieglind, die edle Kцnigin. (733)
Da sprach von seinen Freunden der Kцnig Siegmund:
“Siegfried Verwandten tu ichs allen kund,
Er soll vor diesen Recken meine Krone tragen.”
Die Mдre hцrten gerne die von Niederlanden sagen. (734)
Er befahl ihm seine Krone mit Gericht und Land:
Da war er Herr und Kцnig. Wenn er den Rechtsspruch fand
Und wenn er richten sollte, das wurde so getan,
Dass man nicht wenig fьrchtete der schцnen Kriemhilde Mann. (735)
In diesen hohen Ehren lebt' er, das ist wahr,
Und richtet' unter Krone an das zehnte Jahr,
Bis die schцne Fraue ihm einen Sohn gebar,
Durch den des Kцnigs Sippe gar hцchlich erfreuet war. (736)
Man lieЯ ihn eilends taufen und einen Namen nehmen:
Gunther, nach seinem Oheim, des durft er sich nicht schдmen.
Geriet er nach den Freunden, so musst ihm wohlergehn:
Er ward mit FleiЯ erzogen; so sollt es billig geschehn. (737)
In denselben Zeiten starb Frau Siegelind:
Da nahm die volle Herrschaft der edeln Ute Kind,
Wie sie der reichen Frauen geziemte wohl im Land.
Es ward genug beweinet, dass der Tod sie hatt entwandt. (738)
Nun hatt auch dort am Rheine, wie wir hцren sagen,
Dem reichen Kцnig Gunther einen Sohn getragen
Brunhild die schцne in Burgondenland.
Dem Helden zu Liebe ward er Siegfried genannt. (739)
* Mit welchen Sorgen immer man sein hьten hieЯ!
Gunther ihn, der edle, Hofmeistern lieЯ,
Die ihn wohl ziehen konnten zu einem biedern Mann.
Hei, was ihm bald das Unglьck der Verwandten abgewann! (740)
Zu allen Zeiten Mдre ward so viel gesagt,
Wie so lobenswьrdig die Degen unverzagt
Zu allen Stunden lebten in Siegmundens Land:
So lebt' auch Kцnig Gunther mit seinen Freunden auserkannt. (741)
Das Land der Niebelungen war Siegfried untertan
(Keiner seiner Freunde je grцЯer Gut gewann),
Desgleichen Schilbungs Recken und beider Land und Gut:
Drum stand dem kьhnen Siegfried desto hцher der Mut. (742)
Hort den allermeisten, den je ein Held gewann,
Nach den ersten Herren, besaЯ der kьhne Mann,
Den vor einem Berge seine Hand erwarb im Streit:
Er schlug darum zu Tode manchen Ritter allbereit. (743)
Vollauf besaЯ er Ehre, und hдtt ers halb entbehrt,
Doch mьsste man gestehen dem edeln Recken wert,
Dass er der Beste wдre, der je auf Rossen saЯ.
Man fьrchtete seine Stдrke, mit allem Grund tat man das. (744)
12. Abenteuer
Wie Gunther Siegfrieden zu dem Hofgelage lud
Da dacht auch alle Tage Kцnig Gunthers Weib:
“Wie trдgt so ьbermьtig Frau Kriemhild den Leib!
Nun ist doch unser eigen Siegfried ihr Mann:
Der hat uns nun schon lange wenig Dienstes getan.” (745)
Das trug sie in dem Herzen in groЯer Heimlichkeit;
Dass sie ihre fremde blieben, das schuf ihr herbes Leid.
Dass man ihr so selten gedient von seinem Land,
Woher das kommen mцge, das hдtte sie gern erkannt. (746)
Sie versucht' es bei dem Kцnig, ob es mцchte sein,
Dass sie Kriemhilden wieder sдh am Rhein.
Sie vertraut' es ihm alleine, worauf ihr sann der Mut;
Den Kцnig aber dдuchte ihre Rede gar nicht gut. (747)
Da sprach der reiche Kцnig: “Wie mцchten wir sie her
Zu diesem Lande bringen? Das fьgt sich nimmermehr.
Sie wohnen uns zu ferne: Ich darf sie nicht drum bitten.”
Die Fraue gab zur Antwort mit gar hochfдhrtgen Sitten: (748)
“Und wдre noch so vornehm eines Kцnigs Mann,
Was ihm sein Herr gebietet, das muss doch sein getan.”
Lдcheln musste Gunther ihrer Rede da:
Er nahm es nicht als Dienst an, wie oft er Siegfrieden sah. (749)
Sie sprach: “Lieber Herre, bei der Liebe mein,
Hilf mir, dass Siegfried und die Schwester dein
Zu diesem Land kommen, dass wir sie hier ersehn:
So kцnnte mir in Wahrheit nimmer lieber geschehn. (750)
“Deiner Schwester Tugend, ihr wohl gezogner Mut,
So oft ich dran gedenke, wie wohl mirs immer tut;
Wie mir beisammen saЯen, als du mich nahmst zum Weib!
Sie mag mit Ehren minnen des kьhnen Siegfriedes Leib.” (751)
Da hat sie ihn so lange bis der Kцnig sprach:
“Wisst, dass ich nimmer Gдste lieber sehen mag.
Ihr braucht nicht viel zu bitten: Ich will die Boten mein
Zu ihnen beiden senden, dass sie kommen an den Rhein.” (752)
Da sprach zu ihm die Kцnigin: So sollt ihr mir sagen,
Wann ihr sie wollt besenden und zu welchen Tagen
Unsre lieben Freunde sollen kommen in dies Land;
Die ihr dahin wollt senden, die macht zuvor mir bekannt.” (753)
Der Kцnig sprach: “Das will ich: DreiЯig in meinem Lehn.
Lass ich hinreiten.” Er hieЯ sie vor sich gehn:
Durch sie entbot er Mдre in Siegfriedens Land.
Da beschenkte sie Brunhilde mit manchem reichen Gewand. (754)
Der Kцnig sprach: “Ihr Recken sollt von mir sagen,
Und nichts von dem verschweigen was ich euch aufgetragen,
Siegfried dem Starken und der Schwester mein.
Ihnen dьrft auf Erden nimmer jemand holder sein. (755)
“Und bittet, dass sie beide, uns kommen an den Rhein:
Dafьr will ich und Brunhild ihnen stets gewogen sein.
Vor dieser Sonnenwende soll er mit seinem Bann
Hier manchen bei mir schauen, der ihm Ehr erweisen kann. (756)
Entbietet auch dem Kцnig Siegmund die Dienste mein:
Dass ich und meine Freunde ihm stets gewogen sei'n.
Und erbittet meine Schwester, dass sie ihm folgen mag,
Wenn je ihr ziemen solle eines Kцnigs Hofgelag.” (757)
Brunhild und Ute und was man Frauen fand,
Die entboten ihre Dienste in Siegfriedens Land
Den minniglichen Frauen und manchem kьhnen Mann.
Auf Wunsch des Kцnigs schickten zur Fahrt die Boten sich an. (758)
Sie standen reisefertig; ihr Ross und ihr Gewand
War ihnen angekommen: Da rдumten sie das Land.
Sie eilten zu dem Ziele, dahin sie wollten fahren;
Der Kцnig durch Geleite hieЯ die Boten wohl bewahren. (759)
Sie kamen in drei Wochen geritten in das Land.
In Nibelungens Veste (wohin man sie gesandt)
In der Mark zu Norweg fanden sie den Degen:
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