” (2023)
Ortlieb das Kind erschlug da Hagen der Degen gut,
Dass ihm vom Schwerte nieder floss auf die Hand das Blut,
Und das Haupt herab sprang der Kцnigin in den Schoss
Da hob sich unter Degen ein Morden grimmig und groЯ. (2024)
Er schlug dem Hofmeister, der des Kindes pflag,
Mit seinen beiden Hдnden einen schwinden Schwertesschlag,
Dass vor des Tisches FьЯe sein Haupt niederflog:
Es war ein ьbler Dienstlohn, den er dem Hofmeister wog. (2025)
Er sah vor Etzels Tische einen Fiedelmann:
Hagen in seinem Zorne schritt rasch zu ihm heran.
Er schlug ihm auf der Geige herab die rechte Hand:
“Das habe fьr die Botschaft in der Burgonden Land.” (2026)
“O weh meine Hдnde!”, hub da Werbel an,
“Herr Hagen von Tronje, was hab ich euch getan?
Ich kam in groЯer Treue in eurer Herren Land:
Wie klдng ich nun die Tцne, da ich verloren die Hand?” (2027)
Hagen fragte wenig, geigt er auch nimmer mehr.
Da ьbt' er in dem Hause die grimme Mordlust sehr
An Kцnig Etzels Recken, deren er viel erschlug:
Da bracht er in dem Hause zu Tod der Recken genug. (2028)
Volker der Schnelle von dem Tische sprang,
Sein Fiedelbogen krдftig an seiner Hand erklang.
Da fiedelte gewaltig Gunthers Fiedelmann:
Hei! Was er sich zu Feinden der kьhnen Heunen gewann! (2029)
Auch sprangen von den Tischen die drei Kцnge hehr.
Sie hofften es zu schlichten, eh Schadens wьrde mehr:
Doch strebten ihre Krдfte umsonst dawider an,
Da Volker mit Hagen so sehr zu wьten begann, (2030)
Da sah der Vogt vom Rheine, er scheide nicht den Streit:
Da schlug der Kцnig selber manche Wunde weit
Durch die lichten Panzer den argen Feinden sein:
Er war ein schneller Degen, das lieЯ er offenbar sein. (2031)
Da kam auch zu dem Streite der starke Gernot:
Der schlug dem Heunenvolke manchen Helden tot
Mit dem scharfen Schwerte, das Rьdiger ihm gab;
Damit bracht er manchen von Etzels Recken ins Grab. (2032)
Der jьngste Sohn Utens auch zu dem Streite sprang,
Seine Waffe herrlich durch die Helme drang
Kцnig Etzels Recken aus dem Heunenland:
Da tat viel groЯe Wunder des kьhnen Geiselher Hand. (2033)
Wie kьhn sie alle waren, die Fьrsten und ihr Bann,
Dennoch sah man Volkern den andern all voran
Bei den starken Feinden; er war ein Degen gut:
Er fцrderte mit Willen manchen nieder in das Blut. (2034)
Auch wehrten sich gewaltig die in Etzels Lehn:
Man sah die Gдste fechtend auf und nieder gehn
Mit den lichten Schwertern durch des Kцnigs Saal.
Da vernahm man allenthalben vom Wehruf mдchtigen Schall. (2035)
Da wollten die da drauЯen zu ihren Freunden drin:
Sie fanden an der Stiege gar wenigen Gewinn;
Da wollten die da drinnen gerne vor die Tьr:
Dankwart lieЯ keinen nicht hinein noch herfьr. (2036)
Drum hob sich an der Pforte ein ungestьmer Drang
Und von Schwerthieben auf Helmen lauter Klang.
Da kam der kьhne Dankwart in eine groЯe Not:
Sein Bruder trug da Sorge, wie ihm die Treue gebot. (2037)
Da rief mit lauter Stimme Hagen Volkern an;
“Seht ihr dort, Geselle, vor manchem Heunenmann
Meinen Bruder stehen unter starken Schlдgen?
Freund! Schьtzet mir den Bruder, wir verlieren sonst den Degen.” (2038)
Der Spielmann gab zur Antwort: “Wohl, es soll geschehn.”
Da begann er fiedelstreichend durch den Saal zu gehn:
Ein hartes Schwert nicht selten an seiner Hand erklang.
Vom Rhein die Recken sagten dafьr ihm grцЯlichen Dank. (2039)
Volker der kьhne zu Dankwarten sprach:
“Ihr habt erlitten heute groЯes Ungemach!
Mich hat euer Bruder, ich soll euch helfen gehn:
Wollt ihr nun drauЯen bleiben, so will ich innerhalben stehn.” (2040)
Dankwart der schnelle stand auЯerhalb der Tьr:
So wehrt' er von der Stiege wer immer trat dafьr.
Man hцrte Waffen hallen den Helden an der Hand:
So tat auch innerhalben Volker von Burgondenland. (2041)
Der kьhne Spielmann rief ihm ьber die Menge zu:
“Der Saal ist wohl verschlossen, Freund Hagen, seid in Ruh:
Es ist so gut verschrдnket Kцnig Etzels Tьr
Von zweier Helden Hдnden, die gehn wohl tausend Riegeln fьr.” (2042)
Als von Tronje Hagen die Tьre sah in Hut,
Den Schild warf auf den Rьcken der erlauchte Degen gut;
Nun begann er erst zu rдchen was ihm war geschehn.
Da durften seine Feinde sich des Lebens nicht versehn. (2043)
Als der Vogt von Berne das Wunder recht ersah,
Wie Hagen der Starke zerbrach die Helme da,
Der Amelungen Kцnig sprang auf eine Bank;
Er sprach: “Hier schenket Hagen den allersauersten Trank.” (2044)
Der Wirt war sehr in Sorgen, wie ihn zwang die Not;
Was schlug man lieber Freunde vor seinen Augen tot!
Er selbst war kaum geborgen vor seiner Feinde Schar:
Er saЯ in groЯen Дngsten: Was half ihm, dass er Kцnig war? (2045)
Kriemhilde die reiche rief Dietrichen zu:
“Hilf mir von der Stell, edler Ritter du,
Bei aller Fьrsten Tugend aus Amelungenland;
Denn erreicht mich Hagen, hab ich den Tod an der Hand.” (2046)
“Wie soll ich euch helfen,” sprach Herr Dieterich,
“Edle Kцnigstochter? Ich sorge selbst um mich.
Es sind so sehr erzьrnet die in Gunthers Bann,
Dass ich in dieser Stunde niemand wohl befrieden kann.” (2047)
“Nicht also, Herr Dietrich, edler Ritter gut:
Lass einmal heut erscheinen deinen tugendreichen Mut:
Bringe mich von hinnen, oder ich bleibe tot.
Hilf mir und dem Kцnig aus dieser angstvollen Not.” (2048)
“Ich will es versuchen ob euch zu helfen ist;
Doch sah ich wahrlich nimmer in langer Tage Frist
So bitterlich erzьrnet manchen Ritter gut:
Ich sehe durch die Helme von Schwestern springen das Blut.” (2049)
Mit Kraft begann zu rufen der Ritter auserkorn,
Dass seine Stimme hallte wie ein Bьffelhorn
Und dass die weite Veste schьtterte von dem StoЯ.
Dietrichens Stдrke, die war ьber MaЯen groЯ. (2050)
Da hцrte Kцnig Gunther rufen diesen Mann
In dem harten Sturme: Zu lauschen hub er an.
Er sprach: “Dietrichs Stimme ist in mein Ohr gekommen:
Ihm haben unsre Degen hier wohl jemand benommen. (2051)
“Ich seh ihn auf dem Tische winken mit der Hand.
Ihr Mдnner und Freunde von Burgondenland,
Haltet ein mit Streiten: Lasst hцren erst und sehn,
Was von meinen Mannen hier dem Degen sei geschehn. (2052)
Als so der Kцnig Gunther bat und auch gebot,
Da senkten sie die Schwerter in des Streites Not.
Das war Gewalt bewiesen, dass niemand da mehr schlug.
Er fragte den von Berne um die Mдre schnell genug. (2053)
Er sprach: “Viel edler Dietrich, was ist euch hier geschehn
Von meinen Freunden? Ihr sollt mich willig sehn:
Zur Sьhn und zur BuЯe bin ich euch gern bereit.
Was euch jemand tдte, das war mir inniglich leid.” (2054)
Da sprach der Degen Dietrich: “Mir ist nichts geschehn;
Lasst mich mit euerm Frieden aus dem Hause gehn
Von diesem schweren Streite mit dem Gesinde mein:
Dafьr will ich euch wahrlich immer dienstbeflissen sein.” (2055)
“Was mьsst ihr also flehen?”, sprach da Wolfhart,
Es hдlt der Fiedelspieler die Tьr nicht so verwahrt:
Wir цffnen sie so mдchtig, dass man ins Freie kann.”
“Schweige,” sprach Herr Dietrich, “du hast den Teufel getan.” (2056)
Da sprach Kцnig Gunther: “Den Urlaub geb ich gleich:
Fьhret aus dem Hause so viel ihr wollt mit euch,
Ohne meine Feinde: Die sollen hier bestehn.
Durch sie ist mir viel Leides hier bei den Heunen geschehn.” (2057)
Als das der Berner hцrte, mit einem Arm umschloss
Er die edle Kцnigin, ihre Angst war groЯ;
Da fьhrt' er an dem andern Etzeln aus dem Haus.
Auch folgten Dietrichen vieler stolzer Degen hinaus. (2058)
Da sprach der Markgraf, der edle Rьdiger:
“Soll aber aus dem Hause noch kommen jemand mehr,
Der euch gerne dienet, wohlan, so macht mirs kund:
So walte steter Frieden in getreuer Freunde Bund.” (2059)
Zur Antwort gab ihm Geiselher von Burgondenland:
“Einigkeit und Friede sei euch von uns bekannt;
Ihr haltet stete Treue und die in euerm Lehn:
Ihr sollt mit euern Freunden ohne Furcht von hinnen gehn.” (2060)
Als Rьdiger der Degen rдumte Etzels Saal,
Fьnfhundert oder drьber, die folgten ihm zumal.
Das ward aus groЯer Treue von den Herren getan;
Wodurch der Kцnig Gunther bald groЯen Schaden gewann. (2061)
Da sah ein Heunenrecke Kцnig Etzeln gehn
Neben Dietrichen: Des wollt er Frommen sehn.
Dem gab der Fiedelspieler einen solchen Schlag,
Dass gleich vor Etzels FьЯen ihm das Haupt am Boden lag. (2062)
Als der Wirt des Landes kam vor des Hauses Tor,
Da wandt er sich und blickte zu Volkern empor.
“O weh mir dieser Gдste! Das ist grimme Not:
Dass alle meine Recken vor ihnen finden den Tod! (2063)
“Weh dieses Hofgelages!”, sprach der Kцnig hehr;
“Da drinnen ficht einer, der heiЯet Volker,
Gleich einem wilden Eber und ist ein Fiedelmann:
Ich dank es meinem Heile, dass ich dem Teufel entrann. (2064)
“Seine Weisen lauten ьbel, seine Striche sind rot;
Wohl schlagen seine Tцne mir manchen Helden tot.
Ich weiЯ nicht was uns vorwirft derselbe Fiedelmann,
Dass ich in meinem Leben so leiden Gast nicht gewann.” (2065)
* Zu den Herbergen gingen die beiden Recken hehr,
Dietrich von Berne und Markgraf Rьdiger.
Sie wollten gerne beide des Streits entledigt sein,
Und geboten ihren Degen, dass sie den Zwist sollten scheun. (2066)
* Und hдtten die Burgonden des Leides sich versehn,
Das ihnen von den beiden noch sollte geschehn,
Sie wдren aus dem Hause so leicht nicht gekommen,
Eh sie eine Strafe von den Kьhnen hдtten genommen. (2067)
Sie hatten die sie wollten entlassen aus dem Saal;
Da hob sich innerhalben ein fьrchterlicher Schall.
Die Gдste rдchten bitter ihr Leid und ihr Schmach;
Volker der Kьhne, hei! Was er Helme zerbrach! (2068)
Sich wandte zu dem Schalle Gunther der Kцnig hehr:
“Hцrt ihr die Tцne, Hagen, die dort Volker
Mit den Heunen fiedelt, wenn wer zur Tьre trat?
Es ist ein roter Anstrich, den er am Fiedelbogen hat.” (2069)
“Es reut mich ohne MaЯen,” sprach Hagen dagegen,
“Dass ich je mich scheiden musste von dem Degen:
Ich war sein Geselle, er der Geselle mein,
Und kommen wir von hinnen, wir wollens noch in Treue sein. (2070)
“Nun schaut, hehrer Kцnig, der Volker ist dir hold:
Wie fleiЯig er verdienet dein Silber und dein Gold!
Sein Fiedelbogen schneidet durch den harten Stahl,
Er wirft von den Helmen die lichten Zierden zu Tal. (2071)
“Ich sah nie einen Fiedler so stolz und herrlich stehn
Als diesen Tag von Volker dem Degen ist geschehn.
Seine Weisen hallen durch Helm und Schildesrand:
Gute Rosse soll er reiten und tragen herrlich Gewand.” (2072)
So viel der Heunendegen auch waren in dem Saal,
Nicht einer blieb am Leben von ihnen allzumal.
Da war der Schall beschwichtigt, als niemand bleib zum Streit:
Die kьhnen Recken legten da ihre Schwerter beiseit. (2073)
34. Abenteuer
Wie sie die Toten aus dem Saale warfen
Da setzten sich die Herren aus Mьdigkeit zu Tal.
Volker und Hagen die gingen vor den Saal
Ьber den Schild sich lehnend in ihrem Ьbermut:
Da pflagen launger Reden diese beiden Helden gut. (2074)
Da sprach von Burgonden Geiselher der Degen:
“Noch dьrft ihr lieben Freunde nicht der Ruhe pflegen;
Ihr sollt erst die Leichen aus dem Hause tragen:
Wir werden noch bestanden, das will ich wahrlich euch sagen. (2075)
“Sie sollen untern FьЯen uns hier nicht lдnger liegen.
Bevor im Sturm die Heunen mцgen uns besiegen,
Wir haun noch manche Wunde, die mir gar sanfte tut:
Des hab ich,” sprach da Geiselher, “einen willigen Mut.” (2076)
“O wohl wir solches Herren,” sprach Hagen dagegen,
“Der Rat geziemte niemand als einem solchen Degen,
Wie unsern jungen Herren wir diesen Tag gesehn:
Ihr Burgonden mцget alle drob in Freuden stehn.” (2077)
Da folgten sie dem Rate und trugen vor die Tьr
Siebentausend Tote, die warfen sie dafьr;
Vor des Saales Stiege fielen sie zu Tal:
Da erhoben ihre Freunde mit Jammern klдglichen Schall. (2078)
Darunter war noch mancher nur so mдЯig wund,
Kдm ihm gute Pflege, er wьrde noch gesund;
Doch von dem hohen Falle fand er nun den Tod:
Das klagten ihre Freunde: Es zwang sie wahrhafte Not. (2079)
Da sprach der Fiedelspieler, Volker gar unverzagt:
“Nun sah ich doch, man hat mir die Wahrheit gesagt:
Die Heunen sind feige, sie klagen wie ein Weib,
Statt dass sie pflegen sollten der Schwerverwundeten Leib.” (2080)
Da mocht ein Markgraf wдhnen, er mein es ernst und gut:
Der Verwandten einen sah er gefallen in das Blut;
Er dacht ihn wegzutragen und wollt ihn schon umfahn:
Den schoss ob ihm zu Tode dieser kьhne Fiedelmann. (2081)
Eine groЯe Flucht erhob sich, als das die andern sahn
Sie begannen all zu fluchen demselben Fiedelmann.
Einen SpieЯ vom Boden nahm er, der war scharf und hart,
Der von einem Heunen zu ihm herauf geschossen ward. (2082)
Den schoss er durch die Veste von sich krдftiglich
Ьber ihre Hдupter. Das Volk Etzels wich
Erschreckt von seinem Wurfe weiter von dem Saal;
Vor seinen starken Krдften die Leute bangten ьberall. (2083)
Da stand vor dem Hause manch tausend Mann.
Volker und Hagen huben zu reden an
Mit Etzeln dem Kцnig in hohem Ьbermut;
Das schuf bald groЯe Sorge diesen Helden kьhn und gut. (2084)
“Wohl wдr es,” sprach da Hagen, “Des Volkes Trost im Leib,
Wenn die Herren fцchten voran in Sturm und Streit,
Wie von meinen Herren hier ein jeder tut:
Die hauen durch die Helme, dass von den Schwertern flieЯt das Blut.” (2085)
So kьhn war Herr Etzel, er fasste seinen Schild:
“Nun hьtet eures Lebens,” sprach da Kriemhild,
“Und bietet Gold den Recken auf der Schilde Rand,
Denn erreicht euch Hagen, ihr habt den Tod an der Hand.” (2086)
So kьhn war der Kцnig, er wollt in den Streit,
Wozu so reiche Fьrsten nun selten sind bereit.
Man musste bei den Riemen des Schildes ihn halten an.
Hagen der grimme ihn mehr zu hцhnen begann: (2087)
“Eine ferne Sippschaft war es,” sprach Hagen gleich zur Hand
“Die Etzeln und Siegfried zusammen einst verband;
Er minnte Kriemhilden eh sie gesehen dich:
Bцser Kцnig Etzel, was rдtst du denn wider mich?” (2088)
Diese Rede hцrte die edle Kцnigin.
Darьber ward unmutig Kriemhild in ihrem Sinn,
Dass er sie schelten durfte vor Kцnig Etzels Bann:
Wider die Gдste hub sie aufs neu zu werben an. (2089)
Sie sprach: “Wer den Hagen von Tronje mir erschlдgt
Und mir sein Haupt als Gabe her zur Stelle trдgt,
Mit rotem Golde fьll ich ihm Etzels Schildesrand,
Auch geb ich ihm zum Lohne viel gute Burgen und Land.” (2090)
“Ich weiЯ nicht was sie zaudern,” sprach der Fiedelmann,
“Niemals haben Helden so verzagt getan,
Wenn man bieten hцrte so hohen Ehrensold.
Wohl sollt ihnen Etzel nimmer wieder werden hold. (2091)
“Die hier mit Schimpf und Schanden essen des Kцnigs Brot,
Und ihn nun verlassen in der grцЯten Not,
Deren seh ich manchen so recht verzagt da stehn,
Und tun doch so verwogen; sie kцnnen nie der Schmach entgehn.” (2092)
* Der reiche Etzel hatte Jammer und Not:
Er beklagte seiner Mannen und Freude bittern Tod;
Von manchen Landen standen ihm Recken viel zur Seit,
Die weinten mit dem Kцnige sein gewaltiges Leid. (2093)
* Da gedachten wohl die Besten: “Wahr ist was Volker sagt.”
Von niemand doch von allen ward es so schwer beklagt,
Als von Markgraf Iring, dem Herrn aus Dдnenland;
Was sich nach kurzer Weile wohl nach der Wahrheit befand. (2094)
35. Abenteuer
Wie Iring erschlagen ward
Da rief der Markgraf Iring aus der Dдnen Land:
“Ich habe nun auf Ehre meine Sinne lang gewandt,
Auch ist von mir das Beste wohl oft im Sturm geschehn;
Bringt mir meine Waffen: So will ich Hagen bestehn.” (2095)
“Das muss ich widerraten,” hub da Hagen an,
“Sonst mьssen vor mir weichen die in Etzels Bann:
Springen eurer zweie oder drei in den Saal,
Die send ich wohl verhauen die Stiege wieder zu Tal.” (2096)
“Ich wills darum nicht lassen,” rief Iring wieder hin:
“Ich versuchte wohl schon frьher was gleiche Wagnis schein.
Wohl will ich mit dem Schwerte allein zu dir hinan:
Was hilft dir das Brьsten, das du mit Reden hast getan?” (2097)
Da wurde bald gewaffnet der Degen Iring,
Und von Thьringen Irnfried, ein kьhner Jьngling,
Und Hawart der starke wohl mit tausend Mann:
Sie wollten Iring helfen, was auch der Degen begann. (2098)
Da sah der Fiedelspieler ein gewaltig Herr,
Das mit Iringen gewaffnet zog daher.
Sie trugen aufgebunden die lichten Helme gut.
Da ward dem kьhnen Volker darьber zornig zu Mut: (2099)
“Seht ihr, Freund Hagen, dort Iringen gehn,
Der euch im Kampf gelobte alleine zu bestehn?
Wie ziemet Helden Lьge? Fьrwahr ich tadl es sehr:
Es gehn mit ihm gewaffnet wohl tausend Recken oder mehr.” (2100)
“Nun beiЯet mich nicht lьgen,” sprach der in Hawarts Bann,
“Ich will das Wort erfьllen, das ich euch kund getan.
Keiner Feigheit wegen soll es gebrochen sein:
Sei Hagen noch so fьrchterlich, ich besteh ihn ganz allein.” (2101)
FuЯfдllig bat Iring Freund und Untertan,
Dass sie ihn alleine dem Recken lieЯen nahn.
Das taten sie ungerne, ihnen war zu wohl bekannt
Der ьbermьtge Hagen aus der Burgonden Land. (2102)
Da bat er sie so lange bis es doch geschah.
Als das Ingesinde ihn so entschlossen sah,
Und dass er rang nach Ehre, da lieЯen sie ihn gehn:
Da ward von den beiden ein grimmes Streiten gesehn. (2103)
Iring der Dдne hielt hoch empor den Speer,
Sich deckte mit dem Schilde der teure Degen hehr:
So lief er auf im Sturme zu Hagen vor den Saal;
Da erhub sich von den Degen ein gewaltiger Schall. (2104)
Da schossen sie die SpieЯe krдftig aus der Hand
Durch die festen Schilde auf ihr licht Gewand,
Dass die Speerstangen hoch in die Lьfte flogen;
Da griffen zu den Schwertern die grimmen Degen verwogen. (2105)
Hagen war, der kьhne, von Mut und Krдften voll;
Doch schlug nach ihm Iring, dass rings das Haus erscholl:
Pallas und Tьrme erhallten von den Schlдgen.
Es konnte seinen Willen doch nicht vollfьhren der Degen. (2106)
Iring lieЯ Hagnen unverwundet stehn:
Auf den Fiedelspieler begann er los zu gehn.
Er wдhnt', er kцnn ihn zwingen mit seinen starken Schlдgen:
Doch wusste sich zu schirmen dieser zierliche Degen. (2107)
Da schlug der Fiedelspieler, dass auf das Schildes Rand
Das Gespдnge wirbelte von Volkers starker Hand.
Den lieЯ er wieder stehen; er war ein ьbler Mann:
Da lief er auf Gunther, den Burgondenkцnig, an. (2108)
Doch war da jedweder zum Streite stark genug:
Wie Gunther auf Iring und der auf jenen schlug,
Was lockte nicht aus Wunden das flieЯende Blut;
Ihre Rьstung wehrt es, die war zu fest und zu gut. (2109)
Gunthern lieЯ er stehen und lief Gernoten an;
Das Feuer aus dem Harnisch er ihm zu haun begann.
Da hдtte von Burgonden der Kцnig Gernot
Iring den kьhnen beinah gesandt in den Tod. (2110)
Da sprang er von dem Fьrsten: Rasch war er genug:
Der Burgonden Viere der Held behend erschlug,
Das edeln Heergesindes aus Wormes an dem Rhein.
Darьber mochte Geiselher nicht wohl zorniger sein. (2111)
“Gott weiЯ, Herr Iring,” sprach Geiselher das Kind,
“Ihr sollt mir die entgelten, die hier erlegen sind
Vor euch in dieser Stunde.” Iringen lief er an
Und schlug den Dдnenhelden, dass er zu straucheln begann. (2112)
Er schoss vor seinen Hдnden nieder in das Blut,
Dass alle wдhnen mussten, es schlьg der Degen gut
Nie im Sturme wieder einen Schlag mit seinem Schwert:
Doch lag vor Geiselheren Iring da noch unversehrt. (2113)
Von des Helmes Krachen und von des Schwertes Klang
Waren seine Sinne so betдubt und krank,
Dass sich der kьhne Degen des Lebens nicht besann:
Das hatte mit den Krдften der starke Geiselher getan. (2114)
Als ihm aus dem Haupte das Schwirren jetzt entschwand,
Das von dem starken Schlage der Degen erst empfand,
Da gedacht er: “Ich lebe, und bin auch nirgend wund:
Nun ist mir erst die Stдrke des kьhnen Geiselher kund!” (2115)
Er hцrte seine Feinde zu beiden Seiten stehn;
Hдtten sie's geahnet, ihm wдre mehr geschehn:
Auch hatt er Geiselheren vernommen nahe bei:
Er sann wie mit dem Leben von hinnen zu kommen sei. (2116)
Wie hastig der Degen aus dem Blute sprang!
Er mochte seiner Schnelle wohl sagen groЯen Dank.
Da lief er aus dem Hause, wo er Hagen fand,
Und schlug ihm schnelle Schlдge mit seiner kraftreichen Hand. (2117)
Da gedachte Hagen: “Du musst des Todes sein;
Schьtzt dich nicht der Teufel, so kannst du nicht gedeihn.”
Doch traf Iring Hagnen durch des Helmes Hut:
Das tat der Held mit Maske; das war eine Waffe gut. (2118)
Als der grimme Hagen die Wand an sich empfand,
Ihm schwenkte sich gewaltig das Schwert in seiner Hand.
Da musste vor ihm weichen der Held in Hawarts Bann;
Hagen ihm die Stiege hinab zu folgen begann. (2119)
Ьbers Haupt den Schildrand der kьhne Iring schwang;
Und wдr dieselbe Stiege drei solcher Stiegen lang,
Derweile lieЯ ihn Hagen nicht schlagen einen Schlag:
Wie mancher rote Funke da auf seinem Helme lag! (2120)
Wieder zu den seinen kam Iring gesund.
Da wurde diese Mдre bald Kriemhilden kund,
Was er im Streit dem Hagen von Tronje angetan;
Dafьr die Kцnigstochter ihm sehr zu danken begann: (2121)
“Das lohne Gott dir, Iring, erlauchter Degen gut,
Du hast mir wohl getrцstet das Herz und auch den Mut:
Nun seh ich blutgerцtet Hagens Rьstgewand!”
Kriemhilde nahm vor Freuden ihm selbst den Schild aus der Hand. (2122)
“Ihr mцgt ihm mдЯig danken;” sprach Hagen dagegen,
“Es nochmals zu versuchen ziemte wohl dem Degen,
Und kдm er dann zurьcke, er wдr ein kьhner Mann.
Die Wunde frommt euch wenig, die ich noch von ihm gewann. (2123)
“Dass ihr von meiner Wunde mir seht den Harnisch rot,
Das hat mich noch erbittert zu manches Mannes Tod;
Nun bin ich erst erzьrnet auf euch und manchen Mann:
Mir hat der Degen Iring gar wenig Schaden getan.” (2124)
Da stand dem Wind entgegen Iring von Dдnenland;
Er kьhlte sich im Harnisch, den Helm er niederband.
Da priesen ihn die Leute fьr streitbar und gut;
Darьber trug der Markgraf nicht wenig hoch seinen Mut. (2125)
Da sprach Iring wieder: “Nun, Freunde, sollt ihr gehn
Und neue Waffen holen; ich will noch einmal sehn,
Ob ich bezwingen mцge den ьbermьtgen Mann.”
Sein Schild war verhauen, einen bessern er gewann. (2126)
Gewaffnet ward der Recke bald in noch festre Wehr:
Er griff in seinem Zorne nach einem starken Speer,
Mit dem wollt er Hagnen zum andern Mal bestehn.
Darob ergrimmt' ihm Hagen, der kьhne Held ausersehn. (2127)
Nicht erwarten wollt ihn Hagen der Degen:
Mit Schьssen und mit Hieben lief er ihm entgegen
Die Steige bis zu Ende; zornig war sein Mut:
Da kam dem Degen Iring seine Stдrke nicht zu gut. (2128)
Die schlugen durch die Schilde, dass es zu lohn begann
Mit feuerroten Winden. Der in Hawarts Bann
Ward von Hagens Schwerte da gar ьbel wund:
Durch Helm und Schildrand drang es, er ward nicht wieder gesund. (2129)
Als der Degen Iring der Wunde ward gewahr,
Deckt' er mit dem Schilde den Helm ganz und gar.
Ihn deuchte voll der Schaden, den er von ihm gewann;
Bald tat ihm aber grцЯern der Degen noch in Gunthers Bann. (2130)
Einen WurfspieЯ Hagen vor seinen FьЯen sah;
Auf Iring den Dдnen schoss der Degen da,
Dass ihm die Stange aus dem Haupte stand:
Der Recken Hagen hatt ihm ein grimmes Ende gesandt. (2131)
Iring musste wieder zu den Dдnen fliehn.
Eh man dem Degen konnte den Helm vom Haupte ziehn
Und ihn vom Speer befreien, erschien ihm schon der Tod.
Da weinten seine Freunde, es zwang sie wahrhafte Not. (2132)
Da kam die Kцnigstochter auch zu ihm heran:
Iring den starken hub sie zu klagen an;
Sie beweinte seine Wunden, es war ihr grimmig leid.
Da sprach vor seinen Freunden dieser Recke kьhn im Streit: (2133)
“Lasst die Klage bleiben, viel hehre Kцnigin.
Was hilft eurer Weinen? Mein Leben muss dahin
Schwinden aus den Wunden, die an mir offen stehn:
Der Tod will mich nicht lдnger euch und Etzeln dienen sehn.” (2134)
Zu Thьringern und Dдnen sprach er hingewandt:
“Die Gaben, so die Kцnigin euch beut, soll eure Hand
Nicht zu erwerben trachten, ihr lichtes Gold so rot:
Und besteht ihr Hagen, so mьsst ihr schauen den Tod.” (2135)
Seine Farbe war erblichen, des Todes Zeichen trug
Iring der kьhne; ihnen war es leid genug.
Er konnte nicht gefunden der Held in Hawarts Lehn:
Da musst es an ein Streiten von den Dдnenhelden gehn. (2136)
Irnfried und Hawart sprangen vor den Saal
Wohl mit tausend Helden: einen ungestьmen Schall
Vernahm man allenthalben, krдftig und groЯ.
Hei! Was man scharfer Speere auf zu den Burgonden schoss! (2137)
Irnfried der Kьhne lief den Spielmann an,
Daher er groЯen Schaden von seiner Hand gewann:
Der edle Fiedelspieler den Landgrafen schlug
Durch den Helm den festen: Wohl war er grimmig genug. (2138)
Da schlug dem kьhnen Spielmann Irnfried einen Schlag,
Dass er des Panzers Ringe dem Helden zerbrach,
Und sich sein Harnisch fдrbte von Funken feuerrot:
Dennoch fiel der Landgraf von dem Spielmann in den Tod. (2139)
Zusammen waren Hagen und Hawart gekommen.
Da mochte Wunder schauen wer es wahrgenommen.
Die Schwerter fielen krдftig den Helden an der Hand:
Da musste Hawart sterben vor dem aus Burgondenland. (2140)
Die Thьringer und Dдnen sahn ihres Herren Tod:
Da hob sich vor dem Hause eine furchtbare Not;
Eh sie die Tьr gewannen mit kraftreicher Hand,
Da ward noch verhauen mancher Helm und Schildesrand. (2141)
“Weichet,” sprach da Volker, “lasst sie zum Saale gehn;
Was sie im Sinne haben kann dennoch nicht geschehn.
Sie mьssen all ersterben hier in kurzer Zeit:
Sie ernten mit dem Tode was ihnen Kriemhilde beut.” (2142)
Als die Ьbermьtigen drangen in den Saal,
Da wurde manchem Helden das Haupt geneigt zu Tal,
Dass er ersterben musste von ihren starken Schlдgen.
Wohl stritt der kьhne Gernot, so tat auch Geiselher der Degen. (2143)
Tausend und Viere, die kamen in das Haus:
Da hцrte man erklingen den hellen Schwertersaus.
Bald wurden doch die Recken alle drin erschlagen:
Man mochte groЯe Wunder von den Burgonden sagen. (2144)
Da gab es eine Stille, als der Lдrm verscholl!
Das Blut allenthalben durch die Lьcken quoll
Zu den Rinnsteinen von den toten Degen:
Das taten die vom Rheine mit ihren krдftigen Schlдgen. (2145)
Da saЯen wieder ruhend die aus Burgondenland;
Sie legten mit den Waffen die Schilde von der Hand.
Da stand noch vor dem Hause der kьhne Fiedelmann,
Erwartend ob noch jemand zum Streite zцge heran. (2146)
Der Kцnig klagte heftig, dazu die Kцnigin;
Mдgdelein und Frauen hдrmten sich den Sinn.
Der Tod, wдhn ich, hatte sich wider sei verschworen;
Drum gingen durch die Gдste noch viel der Recken verloren. (2147)
36. Abenteuer
Wie die Kцnigin den Saal verbrennen lieЯ
“Nun bindet ab die Helme;” sprach Hagen der Degen,
“Ich und mein Geselle der Wache wollen pflegen:
Versuchen es noch einmal die in Etzels Bann,
So warn ich meine Herren so schnell als ich immer kann.” (2148)
Da band den Helm vom Haupte mancher Ritter gut;
Sie setzten auf die Wunden sich nieder, die ins Blut
Waren zum Tode von ihrer Hand gekommen:
Da ward der edeln Gдste mit Erbittrung wahrgenommen.
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Ortlieb das Kind erschlug da Hagen der Degen gut,
Dass ihm vom Schwerte nieder floss auf die Hand das Blut,
Und das Haupt herab sprang der Kцnigin in den Schoss
Da hob sich unter Degen ein Morden grimmig und groЯ. (2024)
Er schlug dem Hofmeister, der des Kindes pflag,
Mit seinen beiden Hдnden einen schwinden Schwertesschlag,
Dass vor des Tisches FьЯe sein Haupt niederflog:
Es war ein ьbler Dienstlohn, den er dem Hofmeister wog. (2025)
Er sah vor Etzels Tische einen Fiedelmann:
Hagen in seinem Zorne schritt rasch zu ihm heran.
Er schlug ihm auf der Geige herab die rechte Hand:
“Das habe fьr die Botschaft in der Burgonden Land.” (2026)
“O weh meine Hдnde!”, hub da Werbel an,
“Herr Hagen von Tronje, was hab ich euch getan?
Ich kam in groЯer Treue in eurer Herren Land:
Wie klдng ich nun die Tцne, da ich verloren die Hand?” (2027)
Hagen fragte wenig, geigt er auch nimmer mehr.
Da ьbt' er in dem Hause die grimme Mordlust sehr
An Kцnig Etzels Recken, deren er viel erschlug:
Da bracht er in dem Hause zu Tod der Recken genug. (2028)
Volker der Schnelle von dem Tische sprang,
Sein Fiedelbogen krдftig an seiner Hand erklang.
Da fiedelte gewaltig Gunthers Fiedelmann:
Hei! Was er sich zu Feinden der kьhnen Heunen gewann! (2029)
Auch sprangen von den Tischen die drei Kцnge hehr.
Sie hofften es zu schlichten, eh Schadens wьrde mehr:
Doch strebten ihre Krдfte umsonst dawider an,
Da Volker mit Hagen so sehr zu wьten begann, (2030)
Da sah der Vogt vom Rheine, er scheide nicht den Streit:
Da schlug der Kцnig selber manche Wunde weit
Durch die lichten Panzer den argen Feinden sein:
Er war ein schneller Degen, das lieЯ er offenbar sein. (2031)
Da kam auch zu dem Streite der starke Gernot:
Der schlug dem Heunenvolke manchen Helden tot
Mit dem scharfen Schwerte, das Rьdiger ihm gab;
Damit bracht er manchen von Etzels Recken ins Grab. (2032)
Der jьngste Sohn Utens auch zu dem Streite sprang,
Seine Waffe herrlich durch die Helme drang
Kцnig Etzels Recken aus dem Heunenland:
Da tat viel groЯe Wunder des kьhnen Geiselher Hand. (2033)
Wie kьhn sie alle waren, die Fьrsten und ihr Bann,
Dennoch sah man Volkern den andern all voran
Bei den starken Feinden; er war ein Degen gut:
Er fцrderte mit Willen manchen nieder in das Blut. (2034)
Auch wehrten sich gewaltig die in Etzels Lehn:
Man sah die Gдste fechtend auf und nieder gehn
Mit den lichten Schwertern durch des Kцnigs Saal.
Da vernahm man allenthalben vom Wehruf mдchtigen Schall. (2035)
Da wollten die da drauЯen zu ihren Freunden drin:
Sie fanden an der Stiege gar wenigen Gewinn;
Da wollten die da drinnen gerne vor die Tьr:
Dankwart lieЯ keinen nicht hinein noch herfьr. (2036)
Drum hob sich an der Pforte ein ungestьmer Drang
Und von Schwerthieben auf Helmen lauter Klang.
Da kam der kьhne Dankwart in eine groЯe Not:
Sein Bruder trug da Sorge, wie ihm die Treue gebot. (2037)
Da rief mit lauter Stimme Hagen Volkern an;
“Seht ihr dort, Geselle, vor manchem Heunenmann
Meinen Bruder stehen unter starken Schlдgen?
Freund! Schьtzet mir den Bruder, wir verlieren sonst den Degen.” (2038)
Der Spielmann gab zur Antwort: “Wohl, es soll geschehn.”
Da begann er fiedelstreichend durch den Saal zu gehn:
Ein hartes Schwert nicht selten an seiner Hand erklang.
Vom Rhein die Recken sagten dafьr ihm grцЯlichen Dank. (2039)
Volker der kьhne zu Dankwarten sprach:
“Ihr habt erlitten heute groЯes Ungemach!
Mich hat euer Bruder, ich soll euch helfen gehn:
Wollt ihr nun drauЯen bleiben, so will ich innerhalben stehn.” (2040)
Dankwart der schnelle stand auЯerhalb der Tьr:
So wehrt' er von der Stiege wer immer trat dafьr.
Man hцrte Waffen hallen den Helden an der Hand:
So tat auch innerhalben Volker von Burgondenland. (2041)
Der kьhne Spielmann rief ihm ьber die Menge zu:
“Der Saal ist wohl verschlossen, Freund Hagen, seid in Ruh:
Es ist so gut verschrдnket Kцnig Etzels Tьr
Von zweier Helden Hдnden, die gehn wohl tausend Riegeln fьr.” (2042)
Als von Tronje Hagen die Tьre sah in Hut,
Den Schild warf auf den Rьcken der erlauchte Degen gut;
Nun begann er erst zu rдchen was ihm war geschehn.
Da durften seine Feinde sich des Lebens nicht versehn. (2043)
Als der Vogt von Berne das Wunder recht ersah,
Wie Hagen der Starke zerbrach die Helme da,
Der Amelungen Kцnig sprang auf eine Bank;
Er sprach: “Hier schenket Hagen den allersauersten Trank.” (2044)
Der Wirt war sehr in Sorgen, wie ihn zwang die Not;
Was schlug man lieber Freunde vor seinen Augen tot!
Er selbst war kaum geborgen vor seiner Feinde Schar:
Er saЯ in groЯen Дngsten: Was half ihm, dass er Kцnig war? (2045)
Kriemhilde die reiche rief Dietrichen zu:
“Hilf mir von der Stell, edler Ritter du,
Bei aller Fьrsten Tugend aus Amelungenland;
Denn erreicht mich Hagen, hab ich den Tod an der Hand.” (2046)
“Wie soll ich euch helfen,” sprach Herr Dieterich,
“Edle Kцnigstochter? Ich sorge selbst um mich.
Es sind so sehr erzьrnet die in Gunthers Bann,
Dass ich in dieser Stunde niemand wohl befrieden kann.” (2047)
“Nicht also, Herr Dietrich, edler Ritter gut:
Lass einmal heut erscheinen deinen tugendreichen Mut:
Bringe mich von hinnen, oder ich bleibe tot.
Hilf mir und dem Kцnig aus dieser angstvollen Not.” (2048)
“Ich will es versuchen ob euch zu helfen ist;
Doch sah ich wahrlich nimmer in langer Tage Frist
So bitterlich erzьrnet manchen Ritter gut:
Ich sehe durch die Helme von Schwestern springen das Blut.” (2049)
Mit Kraft begann zu rufen der Ritter auserkorn,
Dass seine Stimme hallte wie ein Bьffelhorn
Und dass die weite Veste schьtterte von dem StoЯ.
Dietrichens Stдrke, die war ьber MaЯen groЯ. (2050)
Da hцrte Kцnig Gunther rufen diesen Mann
In dem harten Sturme: Zu lauschen hub er an.
Er sprach: “Dietrichs Stimme ist in mein Ohr gekommen:
Ihm haben unsre Degen hier wohl jemand benommen. (2051)
“Ich seh ihn auf dem Tische winken mit der Hand.
Ihr Mдnner und Freunde von Burgondenland,
Haltet ein mit Streiten: Lasst hцren erst und sehn,
Was von meinen Mannen hier dem Degen sei geschehn. (2052)
Als so der Kцnig Gunther bat und auch gebot,
Da senkten sie die Schwerter in des Streites Not.
Das war Gewalt bewiesen, dass niemand da mehr schlug.
Er fragte den von Berne um die Mдre schnell genug. (2053)
Er sprach: “Viel edler Dietrich, was ist euch hier geschehn
Von meinen Freunden? Ihr sollt mich willig sehn:
Zur Sьhn und zur BuЯe bin ich euch gern bereit.
Was euch jemand tдte, das war mir inniglich leid.” (2054)
Da sprach der Degen Dietrich: “Mir ist nichts geschehn;
Lasst mich mit euerm Frieden aus dem Hause gehn
Von diesem schweren Streite mit dem Gesinde mein:
Dafьr will ich euch wahrlich immer dienstbeflissen sein.” (2055)
“Was mьsst ihr also flehen?”, sprach da Wolfhart,
Es hдlt der Fiedelspieler die Tьr nicht so verwahrt:
Wir цffnen sie so mдchtig, dass man ins Freie kann.”
“Schweige,” sprach Herr Dietrich, “du hast den Teufel getan.” (2056)
Da sprach Kцnig Gunther: “Den Urlaub geb ich gleich:
Fьhret aus dem Hause so viel ihr wollt mit euch,
Ohne meine Feinde: Die sollen hier bestehn.
Durch sie ist mir viel Leides hier bei den Heunen geschehn.” (2057)
Als das der Berner hцrte, mit einem Arm umschloss
Er die edle Kцnigin, ihre Angst war groЯ;
Da fьhrt' er an dem andern Etzeln aus dem Haus.
Auch folgten Dietrichen vieler stolzer Degen hinaus. (2058)
Da sprach der Markgraf, der edle Rьdiger:
“Soll aber aus dem Hause noch kommen jemand mehr,
Der euch gerne dienet, wohlan, so macht mirs kund:
So walte steter Frieden in getreuer Freunde Bund.” (2059)
Zur Antwort gab ihm Geiselher von Burgondenland:
“Einigkeit und Friede sei euch von uns bekannt;
Ihr haltet stete Treue und die in euerm Lehn:
Ihr sollt mit euern Freunden ohne Furcht von hinnen gehn.” (2060)
Als Rьdiger der Degen rдumte Etzels Saal,
Fьnfhundert oder drьber, die folgten ihm zumal.
Das ward aus groЯer Treue von den Herren getan;
Wodurch der Kцnig Gunther bald groЯen Schaden gewann. (2061)
Da sah ein Heunenrecke Kцnig Etzeln gehn
Neben Dietrichen: Des wollt er Frommen sehn.
Dem gab der Fiedelspieler einen solchen Schlag,
Dass gleich vor Etzels FьЯen ihm das Haupt am Boden lag. (2062)
Als der Wirt des Landes kam vor des Hauses Tor,
Da wandt er sich und blickte zu Volkern empor.
“O weh mir dieser Gдste! Das ist grimme Not:
Dass alle meine Recken vor ihnen finden den Tod! (2063)
“Weh dieses Hofgelages!”, sprach der Kцnig hehr;
“Da drinnen ficht einer, der heiЯet Volker,
Gleich einem wilden Eber und ist ein Fiedelmann:
Ich dank es meinem Heile, dass ich dem Teufel entrann. (2064)
“Seine Weisen lauten ьbel, seine Striche sind rot;
Wohl schlagen seine Tцne mir manchen Helden tot.
Ich weiЯ nicht was uns vorwirft derselbe Fiedelmann,
Dass ich in meinem Leben so leiden Gast nicht gewann.” (2065)
* Zu den Herbergen gingen die beiden Recken hehr,
Dietrich von Berne und Markgraf Rьdiger.
Sie wollten gerne beide des Streits entledigt sein,
Und geboten ihren Degen, dass sie den Zwist sollten scheun. (2066)
* Und hдtten die Burgonden des Leides sich versehn,
Das ihnen von den beiden noch sollte geschehn,
Sie wдren aus dem Hause so leicht nicht gekommen,
Eh sie eine Strafe von den Kьhnen hдtten genommen. (2067)
Sie hatten die sie wollten entlassen aus dem Saal;
Da hob sich innerhalben ein fьrchterlicher Schall.
Die Gдste rдchten bitter ihr Leid und ihr Schmach;
Volker der Kьhne, hei! Was er Helme zerbrach! (2068)
Sich wandte zu dem Schalle Gunther der Kцnig hehr:
“Hцrt ihr die Tцne, Hagen, die dort Volker
Mit den Heunen fiedelt, wenn wer zur Tьre trat?
Es ist ein roter Anstrich, den er am Fiedelbogen hat.” (2069)
“Es reut mich ohne MaЯen,” sprach Hagen dagegen,
“Dass ich je mich scheiden musste von dem Degen:
Ich war sein Geselle, er der Geselle mein,
Und kommen wir von hinnen, wir wollens noch in Treue sein. (2070)
“Nun schaut, hehrer Kцnig, der Volker ist dir hold:
Wie fleiЯig er verdienet dein Silber und dein Gold!
Sein Fiedelbogen schneidet durch den harten Stahl,
Er wirft von den Helmen die lichten Zierden zu Tal. (2071)
“Ich sah nie einen Fiedler so stolz und herrlich stehn
Als diesen Tag von Volker dem Degen ist geschehn.
Seine Weisen hallen durch Helm und Schildesrand:
Gute Rosse soll er reiten und tragen herrlich Gewand.” (2072)
So viel der Heunendegen auch waren in dem Saal,
Nicht einer blieb am Leben von ihnen allzumal.
Da war der Schall beschwichtigt, als niemand bleib zum Streit:
Die kьhnen Recken legten da ihre Schwerter beiseit. (2073)
34. Abenteuer
Wie sie die Toten aus dem Saale warfen
Da setzten sich die Herren aus Mьdigkeit zu Tal.
Volker und Hagen die gingen vor den Saal
Ьber den Schild sich lehnend in ihrem Ьbermut:
Da pflagen launger Reden diese beiden Helden gut. (2074)
Da sprach von Burgonden Geiselher der Degen:
“Noch dьrft ihr lieben Freunde nicht der Ruhe pflegen;
Ihr sollt erst die Leichen aus dem Hause tragen:
Wir werden noch bestanden, das will ich wahrlich euch sagen. (2075)
“Sie sollen untern FьЯen uns hier nicht lдnger liegen.
Bevor im Sturm die Heunen mцgen uns besiegen,
Wir haun noch manche Wunde, die mir gar sanfte tut:
Des hab ich,” sprach da Geiselher, “einen willigen Mut.” (2076)
“O wohl wir solches Herren,” sprach Hagen dagegen,
“Der Rat geziemte niemand als einem solchen Degen,
Wie unsern jungen Herren wir diesen Tag gesehn:
Ihr Burgonden mцget alle drob in Freuden stehn.” (2077)
Da folgten sie dem Rate und trugen vor die Tьr
Siebentausend Tote, die warfen sie dafьr;
Vor des Saales Stiege fielen sie zu Tal:
Da erhoben ihre Freunde mit Jammern klдglichen Schall. (2078)
Darunter war noch mancher nur so mдЯig wund,
Kдm ihm gute Pflege, er wьrde noch gesund;
Doch von dem hohen Falle fand er nun den Tod:
Das klagten ihre Freunde: Es zwang sie wahrhafte Not. (2079)
Da sprach der Fiedelspieler, Volker gar unverzagt:
“Nun sah ich doch, man hat mir die Wahrheit gesagt:
Die Heunen sind feige, sie klagen wie ein Weib,
Statt dass sie pflegen sollten der Schwerverwundeten Leib.” (2080)
Da mocht ein Markgraf wдhnen, er mein es ernst und gut:
Der Verwandten einen sah er gefallen in das Blut;
Er dacht ihn wegzutragen und wollt ihn schon umfahn:
Den schoss ob ihm zu Tode dieser kьhne Fiedelmann. (2081)
Eine groЯe Flucht erhob sich, als das die andern sahn
Sie begannen all zu fluchen demselben Fiedelmann.
Einen SpieЯ vom Boden nahm er, der war scharf und hart,
Der von einem Heunen zu ihm herauf geschossen ward. (2082)
Den schoss er durch die Veste von sich krдftiglich
Ьber ihre Hдupter. Das Volk Etzels wich
Erschreckt von seinem Wurfe weiter von dem Saal;
Vor seinen starken Krдften die Leute bangten ьberall. (2083)
Da stand vor dem Hause manch tausend Mann.
Volker und Hagen huben zu reden an
Mit Etzeln dem Kцnig in hohem Ьbermut;
Das schuf bald groЯe Sorge diesen Helden kьhn und gut. (2084)
“Wohl wдr es,” sprach da Hagen, “Des Volkes Trost im Leib,
Wenn die Herren fцchten voran in Sturm und Streit,
Wie von meinen Herren hier ein jeder tut:
Die hauen durch die Helme, dass von den Schwertern flieЯt das Blut.” (2085)
So kьhn war Herr Etzel, er fasste seinen Schild:
“Nun hьtet eures Lebens,” sprach da Kriemhild,
“Und bietet Gold den Recken auf der Schilde Rand,
Denn erreicht euch Hagen, ihr habt den Tod an der Hand.” (2086)
So kьhn war der Kцnig, er wollt in den Streit,
Wozu so reiche Fьrsten nun selten sind bereit.
Man musste bei den Riemen des Schildes ihn halten an.
Hagen der grimme ihn mehr zu hцhnen begann: (2087)
“Eine ferne Sippschaft war es,” sprach Hagen gleich zur Hand
“Die Etzeln und Siegfried zusammen einst verband;
Er minnte Kriemhilden eh sie gesehen dich:
Bцser Kцnig Etzel, was rдtst du denn wider mich?” (2088)
Diese Rede hцrte die edle Kцnigin.
Darьber ward unmutig Kriemhild in ihrem Sinn,
Dass er sie schelten durfte vor Kцnig Etzels Bann:
Wider die Gдste hub sie aufs neu zu werben an. (2089)
Sie sprach: “Wer den Hagen von Tronje mir erschlдgt
Und mir sein Haupt als Gabe her zur Stelle trдgt,
Mit rotem Golde fьll ich ihm Etzels Schildesrand,
Auch geb ich ihm zum Lohne viel gute Burgen und Land.” (2090)
“Ich weiЯ nicht was sie zaudern,” sprach der Fiedelmann,
“Niemals haben Helden so verzagt getan,
Wenn man bieten hцrte so hohen Ehrensold.
Wohl sollt ihnen Etzel nimmer wieder werden hold. (2091)
“Die hier mit Schimpf und Schanden essen des Kцnigs Brot,
Und ihn nun verlassen in der grцЯten Not,
Deren seh ich manchen so recht verzagt da stehn,
Und tun doch so verwogen; sie kцnnen nie der Schmach entgehn.” (2092)
* Der reiche Etzel hatte Jammer und Not:
Er beklagte seiner Mannen und Freude bittern Tod;
Von manchen Landen standen ihm Recken viel zur Seit,
Die weinten mit dem Kцnige sein gewaltiges Leid. (2093)
* Da gedachten wohl die Besten: “Wahr ist was Volker sagt.”
Von niemand doch von allen ward es so schwer beklagt,
Als von Markgraf Iring, dem Herrn aus Dдnenland;
Was sich nach kurzer Weile wohl nach der Wahrheit befand. (2094)
35. Abenteuer
Wie Iring erschlagen ward
Da rief der Markgraf Iring aus der Dдnen Land:
“Ich habe nun auf Ehre meine Sinne lang gewandt,
Auch ist von mir das Beste wohl oft im Sturm geschehn;
Bringt mir meine Waffen: So will ich Hagen bestehn.” (2095)
“Das muss ich widerraten,” hub da Hagen an,
“Sonst mьssen vor mir weichen die in Etzels Bann:
Springen eurer zweie oder drei in den Saal,
Die send ich wohl verhauen die Stiege wieder zu Tal.” (2096)
“Ich wills darum nicht lassen,” rief Iring wieder hin:
“Ich versuchte wohl schon frьher was gleiche Wagnis schein.
Wohl will ich mit dem Schwerte allein zu dir hinan:
Was hilft dir das Brьsten, das du mit Reden hast getan?” (2097)
Da wurde bald gewaffnet der Degen Iring,
Und von Thьringen Irnfried, ein kьhner Jьngling,
Und Hawart der starke wohl mit tausend Mann:
Sie wollten Iring helfen, was auch der Degen begann. (2098)
Da sah der Fiedelspieler ein gewaltig Herr,
Das mit Iringen gewaffnet zog daher.
Sie trugen aufgebunden die lichten Helme gut.
Da ward dem kьhnen Volker darьber zornig zu Mut: (2099)
“Seht ihr, Freund Hagen, dort Iringen gehn,
Der euch im Kampf gelobte alleine zu bestehn?
Wie ziemet Helden Lьge? Fьrwahr ich tadl es sehr:
Es gehn mit ihm gewaffnet wohl tausend Recken oder mehr.” (2100)
“Nun beiЯet mich nicht lьgen,” sprach der in Hawarts Bann,
“Ich will das Wort erfьllen, das ich euch kund getan.
Keiner Feigheit wegen soll es gebrochen sein:
Sei Hagen noch so fьrchterlich, ich besteh ihn ganz allein.” (2101)
FuЯfдllig bat Iring Freund und Untertan,
Dass sie ihn alleine dem Recken lieЯen nahn.
Das taten sie ungerne, ihnen war zu wohl bekannt
Der ьbermьtge Hagen aus der Burgonden Land. (2102)
Da bat er sie so lange bis es doch geschah.
Als das Ingesinde ihn so entschlossen sah,
Und dass er rang nach Ehre, da lieЯen sie ihn gehn:
Da ward von den beiden ein grimmes Streiten gesehn. (2103)
Iring der Dдne hielt hoch empor den Speer,
Sich deckte mit dem Schilde der teure Degen hehr:
So lief er auf im Sturme zu Hagen vor den Saal;
Da erhub sich von den Degen ein gewaltiger Schall. (2104)
Da schossen sie die SpieЯe krдftig aus der Hand
Durch die festen Schilde auf ihr licht Gewand,
Dass die Speerstangen hoch in die Lьfte flogen;
Da griffen zu den Schwertern die grimmen Degen verwogen. (2105)
Hagen war, der kьhne, von Mut und Krдften voll;
Doch schlug nach ihm Iring, dass rings das Haus erscholl:
Pallas und Tьrme erhallten von den Schlдgen.
Es konnte seinen Willen doch nicht vollfьhren der Degen. (2106)
Iring lieЯ Hagnen unverwundet stehn:
Auf den Fiedelspieler begann er los zu gehn.
Er wдhnt', er kцnn ihn zwingen mit seinen starken Schlдgen:
Doch wusste sich zu schirmen dieser zierliche Degen. (2107)
Da schlug der Fiedelspieler, dass auf das Schildes Rand
Das Gespдnge wirbelte von Volkers starker Hand.
Den lieЯ er wieder stehen; er war ein ьbler Mann:
Da lief er auf Gunther, den Burgondenkцnig, an. (2108)
Doch war da jedweder zum Streite stark genug:
Wie Gunther auf Iring und der auf jenen schlug,
Was lockte nicht aus Wunden das flieЯende Blut;
Ihre Rьstung wehrt es, die war zu fest und zu gut. (2109)
Gunthern lieЯ er stehen und lief Gernoten an;
Das Feuer aus dem Harnisch er ihm zu haun begann.
Da hдtte von Burgonden der Kцnig Gernot
Iring den kьhnen beinah gesandt in den Tod. (2110)
Da sprang er von dem Fьrsten: Rasch war er genug:
Der Burgonden Viere der Held behend erschlug,
Das edeln Heergesindes aus Wormes an dem Rhein.
Darьber mochte Geiselher nicht wohl zorniger sein. (2111)
“Gott weiЯ, Herr Iring,” sprach Geiselher das Kind,
“Ihr sollt mir die entgelten, die hier erlegen sind
Vor euch in dieser Stunde.” Iringen lief er an
Und schlug den Dдnenhelden, dass er zu straucheln begann. (2112)
Er schoss vor seinen Hдnden nieder in das Blut,
Dass alle wдhnen mussten, es schlьg der Degen gut
Nie im Sturme wieder einen Schlag mit seinem Schwert:
Doch lag vor Geiselheren Iring da noch unversehrt. (2113)
Von des Helmes Krachen und von des Schwertes Klang
Waren seine Sinne so betдubt und krank,
Dass sich der kьhne Degen des Lebens nicht besann:
Das hatte mit den Krдften der starke Geiselher getan. (2114)
Als ihm aus dem Haupte das Schwirren jetzt entschwand,
Das von dem starken Schlage der Degen erst empfand,
Da gedacht er: “Ich lebe, und bin auch nirgend wund:
Nun ist mir erst die Stдrke des kьhnen Geiselher kund!” (2115)
Er hцrte seine Feinde zu beiden Seiten stehn;
Hдtten sie's geahnet, ihm wдre mehr geschehn:
Auch hatt er Geiselheren vernommen nahe bei:
Er sann wie mit dem Leben von hinnen zu kommen sei. (2116)
Wie hastig der Degen aus dem Blute sprang!
Er mochte seiner Schnelle wohl sagen groЯen Dank.
Da lief er aus dem Hause, wo er Hagen fand,
Und schlug ihm schnelle Schlдge mit seiner kraftreichen Hand. (2117)
Da gedachte Hagen: “Du musst des Todes sein;
Schьtzt dich nicht der Teufel, so kannst du nicht gedeihn.”
Doch traf Iring Hagnen durch des Helmes Hut:
Das tat der Held mit Maske; das war eine Waffe gut. (2118)
Als der grimme Hagen die Wand an sich empfand,
Ihm schwenkte sich gewaltig das Schwert in seiner Hand.
Da musste vor ihm weichen der Held in Hawarts Bann;
Hagen ihm die Stiege hinab zu folgen begann. (2119)
Ьbers Haupt den Schildrand der kьhne Iring schwang;
Und wдr dieselbe Stiege drei solcher Stiegen lang,
Derweile lieЯ ihn Hagen nicht schlagen einen Schlag:
Wie mancher rote Funke da auf seinem Helme lag! (2120)
Wieder zu den seinen kam Iring gesund.
Da wurde diese Mдre bald Kriemhilden kund,
Was er im Streit dem Hagen von Tronje angetan;
Dafьr die Kцnigstochter ihm sehr zu danken begann: (2121)
“Das lohne Gott dir, Iring, erlauchter Degen gut,
Du hast mir wohl getrцstet das Herz und auch den Mut:
Nun seh ich blutgerцtet Hagens Rьstgewand!”
Kriemhilde nahm vor Freuden ihm selbst den Schild aus der Hand. (2122)
“Ihr mцgt ihm mдЯig danken;” sprach Hagen dagegen,
“Es nochmals zu versuchen ziemte wohl dem Degen,
Und kдm er dann zurьcke, er wдr ein kьhner Mann.
Die Wunde frommt euch wenig, die ich noch von ihm gewann. (2123)
“Dass ihr von meiner Wunde mir seht den Harnisch rot,
Das hat mich noch erbittert zu manches Mannes Tod;
Nun bin ich erst erzьrnet auf euch und manchen Mann:
Mir hat der Degen Iring gar wenig Schaden getan.” (2124)
Da stand dem Wind entgegen Iring von Dдnenland;
Er kьhlte sich im Harnisch, den Helm er niederband.
Da priesen ihn die Leute fьr streitbar und gut;
Darьber trug der Markgraf nicht wenig hoch seinen Mut. (2125)
Da sprach Iring wieder: “Nun, Freunde, sollt ihr gehn
Und neue Waffen holen; ich will noch einmal sehn,
Ob ich bezwingen mцge den ьbermьtgen Mann.”
Sein Schild war verhauen, einen bessern er gewann. (2126)
Gewaffnet ward der Recke bald in noch festre Wehr:
Er griff in seinem Zorne nach einem starken Speer,
Mit dem wollt er Hagnen zum andern Mal bestehn.
Darob ergrimmt' ihm Hagen, der kьhne Held ausersehn. (2127)
Nicht erwarten wollt ihn Hagen der Degen:
Mit Schьssen und mit Hieben lief er ihm entgegen
Die Steige bis zu Ende; zornig war sein Mut:
Da kam dem Degen Iring seine Stдrke nicht zu gut. (2128)
Die schlugen durch die Schilde, dass es zu lohn begann
Mit feuerroten Winden. Der in Hawarts Bann
Ward von Hagens Schwerte da gar ьbel wund:
Durch Helm und Schildrand drang es, er ward nicht wieder gesund. (2129)
Als der Degen Iring der Wunde ward gewahr,
Deckt' er mit dem Schilde den Helm ganz und gar.
Ihn deuchte voll der Schaden, den er von ihm gewann;
Bald tat ihm aber grцЯern der Degen noch in Gunthers Bann. (2130)
Einen WurfspieЯ Hagen vor seinen FьЯen sah;
Auf Iring den Dдnen schoss der Degen da,
Dass ihm die Stange aus dem Haupte stand:
Der Recken Hagen hatt ihm ein grimmes Ende gesandt. (2131)
Iring musste wieder zu den Dдnen fliehn.
Eh man dem Degen konnte den Helm vom Haupte ziehn
Und ihn vom Speer befreien, erschien ihm schon der Tod.
Da weinten seine Freunde, es zwang sie wahrhafte Not. (2132)
Da kam die Kцnigstochter auch zu ihm heran:
Iring den starken hub sie zu klagen an;
Sie beweinte seine Wunden, es war ihr grimmig leid.
Da sprach vor seinen Freunden dieser Recke kьhn im Streit: (2133)
“Lasst die Klage bleiben, viel hehre Kцnigin.
Was hilft eurer Weinen? Mein Leben muss dahin
Schwinden aus den Wunden, die an mir offen stehn:
Der Tod will mich nicht lдnger euch und Etzeln dienen sehn.” (2134)
Zu Thьringern und Dдnen sprach er hingewandt:
“Die Gaben, so die Kцnigin euch beut, soll eure Hand
Nicht zu erwerben trachten, ihr lichtes Gold so rot:
Und besteht ihr Hagen, so mьsst ihr schauen den Tod.” (2135)
Seine Farbe war erblichen, des Todes Zeichen trug
Iring der kьhne; ihnen war es leid genug.
Er konnte nicht gefunden der Held in Hawarts Lehn:
Da musst es an ein Streiten von den Dдnenhelden gehn. (2136)
Irnfried und Hawart sprangen vor den Saal
Wohl mit tausend Helden: einen ungestьmen Schall
Vernahm man allenthalben, krдftig und groЯ.
Hei! Was man scharfer Speere auf zu den Burgonden schoss! (2137)
Irnfried der Kьhne lief den Spielmann an,
Daher er groЯen Schaden von seiner Hand gewann:
Der edle Fiedelspieler den Landgrafen schlug
Durch den Helm den festen: Wohl war er grimmig genug. (2138)
Da schlug dem kьhnen Spielmann Irnfried einen Schlag,
Dass er des Panzers Ringe dem Helden zerbrach,
Und sich sein Harnisch fдrbte von Funken feuerrot:
Dennoch fiel der Landgraf von dem Spielmann in den Tod. (2139)
Zusammen waren Hagen und Hawart gekommen.
Da mochte Wunder schauen wer es wahrgenommen.
Die Schwerter fielen krдftig den Helden an der Hand:
Da musste Hawart sterben vor dem aus Burgondenland. (2140)
Die Thьringer und Dдnen sahn ihres Herren Tod:
Da hob sich vor dem Hause eine furchtbare Not;
Eh sie die Tьr gewannen mit kraftreicher Hand,
Da ward noch verhauen mancher Helm und Schildesrand. (2141)
“Weichet,” sprach da Volker, “lasst sie zum Saale gehn;
Was sie im Sinne haben kann dennoch nicht geschehn.
Sie mьssen all ersterben hier in kurzer Zeit:
Sie ernten mit dem Tode was ihnen Kriemhilde beut.” (2142)
Als die Ьbermьtigen drangen in den Saal,
Da wurde manchem Helden das Haupt geneigt zu Tal,
Dass er ersterben musste von ihren starken Schlдgen.
Wohl stritt der kьhne Gernot, so tat auch Geiselher der Degen. (2143)
Tausend und Viere, die kamen in das Haus:
Da hцrte man erklingen den hellen Schwertersaus.
Bald wurden doch die Recken alle drin erschlagen:
Man mochte groЯe Wunder von den Burgonden sagen. (2144)
Da gab es eine Stille, als der Lдrm verscholl!
Das Blut allenthalben durch die Lьcken quoll
Zu den Rinnsteinen von den toten Degen:
Das taten die vom Rheine mit ihren krдftigen Schlдgen. (2145)
Da saЯen wieder ruhend die aus Burgondenland;
Sie legten mit den Waffen die Schilde von der Hand.
Da stand noch vor dem Hause der kьhne Fiedelmann,
Erwartend ob noch jemand zum Streite zцge heran. (2146)
Der Kцnig klagte heftig, dazu die Kцnigin;
Mдgdelein und Frauen hдrmten sich den Sinn.
Der Tod, wдhn ich, hatte sich wider sei verschworen;
Drum gingen durch die Gдste noch viel der Recken verloren. (2147)
36. Abenteuer
Wie die Kцnigin den Saal verbrennen lieЯ
“Nun bindet ab die Helme;” sprach Hagen der Degen,
“Ich und mein Geselle der Wache wollen pflegen:
Versuchen es noch einmal die in Etzels Bann,
So warn ich meine Herren so schnell als ich immer kann.” (2148)
Da band den Helm vom Haupte mancher Ritter gut;
Sie setzten auf die Wunden sich nieder, die ins Blut
Waren zum Tode von ihrer Hand gekommen:
Da ward der edeln Gдste mit Erbittrung wahrgenommen.
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